Erlenstegen IV
- Herrensitz, „Kressischer Sitz“
- Voßstraße 19, 19a
- Stadt Nürnberg
Wie auch auf anderen reichslehenbaren Erbforsthuben im Reichswald entstand hier zu einem unbekannten Zeitpunkt ein Herrenhaus. Die Erbforsthube soll 1439 in der Hand eines Cuntz Schütz gewesen sein, eine andere Quelle nennt für 1441 Markart Rabnolt. Wilhelm Derrer besaß die Erbforsthube im frühen 16. Jahrhundert und räumte der Reichsstadt 1517 das Öffnungsrecht im Kriegsfall ein, was bereits auf die Existenz eines Herrensitzes schließen lässt. 1534 wurde der Sitz an Sigmund Hagelsheimer, auch Held genannt, verkauft. Von diesem ging es um die Mitte des 16. Jahrhunderts an den Compastenmacher Hans Gebhardt, dann im Juli 1571 von den Erben Gebhardts an Gabriel Eysvogel. Der Kriegsschaden von 1553 war zwar zu dieser Zeit wieder behoben, jedoch zeigten sich mittlerweile nach Angaben des Besitzers arge Bauschäden, weil „an dem hauß inn villen jaren nichtzig gepauet und gebessert“. Das nur zweigeschossige Herrenhaus sollte renoviert werden, wobei die bisher im unteren Geschoss untergebrachte Voitwohnung in den Stadel verlegt werden sollte.
1592 war das Herrenhaus in der Hand eines Egidius Arnold, der auf dem Sitz einen Forellenweiher unterhielt. Zum Genuss eines „Prospektes“ über das Pegnitztal hatte man auf einer Insel im Weiher eine repräsentative Sommerlaube errichten lassen. Wurde für 1599 noch Antoni Rieger als neuer Besitzer genannt, fand sich 1610 ein Stephan Heber als neuer Schlossherr, der wegen eines nicht genehmigten Einbaus einer Waschküche Ärger und eine Geldstrafe bekam. Immerhin stand das Häuschen noch um 1800 und wurde als Unterkunft für einen Vogelfänger genutzt.
1638 veräußerte Barbara, die Ehefrau des Jeremias Wortmann zu Nürnberg, „ihre bisher innegehabte Erbgerechtigkeit an und auf dem Herrensitzlein zu Erlenstegen“ an Johann Sigmund Freiherrn von Jö(b)stel(s)berg (1584–1652) aus der Steiermark, der zu den vielen sich in Nürnberg niederlassenden Glaubensflüchtlingen zählte. 1670 beantragte sein Sohn Wolfgang Friedrich (1619–1695) den Umbau des 1571 gebauten Voithauses, dessen steiles, noch mit Mönch-Nonnen-Ziegeln versehenes Dach noch immer an die ehemalige Stadelfunktion erinnerte, aber mittlerweile erheblich schadhaft war. Noch vor 1700 kam der Sitz an Friedrich Wilhelm Ebner von Eschenbach (1652–1711), der das Herrenhaus 1705 durch einen Anbau verlängern ließ. Dabei wurde auch ein Außenkeller integriert. 1709 wurde ein Sommerhäuschen erweitert. Es war noch um 1800 als „das an der Strasse liegende Herren Häußlein“ bekannt und wurde als Mietshaus genutzt. 1711 wurde das Stallgebäude durch ein Wohngeschoss aufgestockt und ebenfalls vermietet.
1716 verfügte Ebners Schwiegersohn Georg Jakob Pömer (1687–1732), der vermutlich als Administrator oder Vormund handelte, über den Sitz. Er wollte ein Branntweinbrennerhaus auf dem Gut bauen. Nach dem Tod des Jobst Wilhelm Ebner (1717–1763) kam das Gut an seine Nichte Anna Helena geb. Holzschuher (1727–1786), die Ehefrau des Christoph Leonhard Kreß von Kressenstein. In der Folgezeit wurde der Ansitz daher als „Kreßenhof“ bezeichnet, der nicht zuletzt wegen seiner kunstvollen Gartenanlage, wo man auch eine Pomeranzenzucht pflegte, gerühmt wurde.
1787 wurde der Sitz durch Georg Christoph Wilhelm Kreß von Kressenstein (1744–1825), Nürnberger Burgamtmann und Stadtgerichtsassessor, für seine noch unverheiratete Tochter Sarah Johanna (1771–1853) erworben. Er erlebte das Ende des Herrenhauses am Sonntag, dem 2. Juli 1790, als am frühen Nachmittag ein Feuer ausbrach und das Gebäude angeblich „biß auf den Grund in die Asche“ legte. 1791 ließ der Burgamtmann das Herrenhaus zweigeschossig und mit massiven Umfassungen wiederherstellen. 1803 heiratete Sarah Johanna den königlich-württembergischen Oberleutnant (seit 1808 Major) Christian Friedrich von Hüpeden.
1812 bestand der Ansitz aus dem Herrenhaus, in dem damals zwei Mietwohnungen untergebracht waren, drei weiteren Zinshäusern sowie dem Voit- oder Gärtnerhaus. 1823 wurde das Schlossgut an den Großpfragner Friedrich Neumann verkauft, der es in mehrere Anwesen zerschlug. Der Kaufmann veräußerte das Herrenhaus schon im Januar 1825 an den Schreinermeister Johann Samuel Bergmann weiter. 1906 gelangte es nach mehreren Besitzwechseln in die Hand des Steinhauers Johann Kern. Nach dessen Tod ging es 1933 in das Eigentum einer Erbengemeinschaft über.
Das 1791 erneuerte und mit einem Halbwalmdach überspannte Herrenhaus hat sich bis heute erhalten. Bei einer jüngst erfolgten Instandsetzung wurde die Putzhaut in einem Rotton und mit hellem Scheinfugennetz gefasst. Von dem Schlossgarten zeugt leider nur noch der Ziehbrunnen mit auf zwei Werksteinsäulen ruhender Überdachung. Noch 1939 wurden zudem dort platzierte Gartenfiguren aus Sandstein gerühmt, die offenbar bis auf ein Exemplar untergegangen sind.
Quellen
StAN Rst. Nbg., Waldamt Sebaldi I Nr. 292. Kataster Erlenstegen Nr. 1, 4 Bd. 1, 18.
StadtAN E 10/21 Nr. 60.
Müllner I, S. 329.
Literatur
Frank zu Döfering, Karl Friedrich von: Die Kressen. Eine Familiengeschichte. Schloß Senftenegg (Niederösterreich) 1936, Sp. 1099 f, 1539-1542.
KDM Stadt Nürnberg, S. 280.
Schnabel, Werner Wilhelm: Österreichische Exulanten in oberdeutschen Reichsstädten (= Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte Bd. 101). München 1992, S. 503.
Abbildung
Ansicht des Herrenhauses von Südosten mit dem Brunnen im Vordergrund, Fotografie: F. A. Nagel 1931 (StadtMN)
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