Erlenstegen VIII

 

  • Abgegangener Herrensitz, „Förrenbergerscher Sitz“ (Abbruch 1978)
  • Erlenstegenstraße 112-114
  • Stadt Nürnberg


Über die Geschichte des Förrenbergerschen Sitzes in Erlenstegen wurden von Gustav Voit, Friedrich August Nagel und weiteren Autoren sehr unterschiedliche, sich zum Teil widersprechende Angaben gemacht; auch die Lokalisierung blieb trotz eindeutiger Katastereinträge vage. Der Ursprung dieses Erlenstegener Herrensitzes ist bis heute nicht geklärt, sein angeblicher Status als Reichsküchenlehen war schon im 18. Jahrhundert umstritten. Erstmals überliefert wurde er 1518, als der Montanunternehmer Lorenz Stauber (1486–1539) von Katharina Hetzlin – gemeint ist wohl Katharina Hölzel, die 1511 Endres Hirschvogel geheiratet hatte [vgl. Erlenstegen II] – deren „ererbte Behausung“ erwarb; womöglich war es derselbe Sitz, den im Jahr zuvor ihr Schwager Jakob Hübner dem Nürnberger Rat geöffnet hatte. 1519 räumte Stauber der Reichsstadt das Öffnungsrecht im Kriegsfall ein. 1564 wurde der Sitz von Sigmund Tetzel an den Kaufmann Friedrich Saurmann d. Ä. veräußert. Die Beschädigungen, die der Sitz 1553 erlitten hatte, waren wohl beseitigt, denn Tetzel übergab ihn mit Herren- und Voithaus sowie den Ökonomiegebäuden, ohne dass auf eine Beeinträchtigung hingewiesen wurde. Vor 1584 fiel das Anwesen auf dem Erbweg an Friedrich Saurmann d. J. und dessen Schwager Frantz Schleicher.

Als die Erben im Frühjahr 1591 an den Kaufmann Heinrich Müllegg verkauften, war der Sitz mittlerweile in einem schlechten Zustand. Unmittelbar danach beantragte Müllegg daher eine Renovierung, wobei man vor allem die Treppen und den „sehr grossen und gantz pueßwirdigen ercker oder außladung gegen der strassen“ hätte erneuern müssen. Müllegg wollte den Erker jedoch aufgeben, sollten die reichsstädtischen Behörden ihm eine „newe stiegen“ im Haus genehmigen. Auch die Nebengebäude sollten in Stand gesetzt werden. 1605 hatten Hanns Müllegg und sein Schwager Alexander Beck den Sitz geerbt; 1614 trat Hanns Müllegg als Alleinbesitzer auf.

Bald darauf, um 1620, erwarb angeblich durch eine Heirat die Familie Förrenberger den Sitz. Sie musste jedoch 1632 erleben, wie marodierende kaiserliche Truppen den Besitz niederbrannten. Angeblich soll das Herrenhaus danach nur notdürftig repariert und zeitweise als Kaserne genutzt worden sein.

Nachdem die Familie Förrenberger, die in kurbayerische Dienste getreten war, sich außerhalb des reichsstädtischen Territoriums aufhielt, gestaltete sich die Verwaltung des Gutes einigermaßen schwierig. Um 1670 war der Nürnberger Bürger Stephan Jentschura Verwalter seines Schwagers Johann Zacharias Förrenberger. 1674 gab Jentschura, ohne auf die Kasernennutzung einzugehen, an, dass das Herrenhaus im vergangenen Krieg „bis auf den Grund eingeäschert“ worden sei. Da der Wiederaufbau zur Zeit „nicht tunlich“ sei, wollte er für gelegentliche Aufenthalte der Herrschaft das erste Dachgeschoss des Voithauses ausbauen. Dazu sollte ein Zwerchhaus eingerichtet werden. Dies wurde genehmigt, jedoch mit der Auflage, dass das Voithaus zurückgebaut werden müsse, sollte das Herrenhaus einmal neu hergestellt werden.

Nach 1703 besaß Andreas Zacharias Förrenberger, Verweser des kurfürstlichen Pflegamtes Oberviechtach, den Sitz, den er jedoch an Wolff Simmel verpachtet hatte. Simmel betrieb dort um 1709 eine Branntweinbrennerei. 1713 war dann der kurfürstliche Amberger Regierungsrat Andreas Carl Förrenberger Besitzer. Er ließ die Ruine des Herrenhauses wenig später mit einem Notdach versehen, um es als Remise zum Tabaktrocknen nutzen zu können. 1764 plante der mittlerweile geadelte Joseph Ignatius von Förrenberger abermals die Errichtung herrschaftlicher Räume. Der Gutsherr legte zwei Planvarianten vor, wobei eine den Wiederaufbau der Ruine vorsah, während die andere, preisgünstigere Variante die Instandsetzung und Erweiterung des Voithauses ins Spiel brachte. Es ist fraglich, ob selbst die kleinere Variante zur Ausführung gelangt ist, denn der kurbayerische Beamte verstrickte sich in einen langwierigen Rechtsstreit mit der Reichsstadt, die eine angebliche Förrenbergersche Fideikommiss-Stiftung nicht anerkennen wollte. Um 1766 wurde das Verhältnis auch durch die Verweigerung von Brennholzbezügen aus dem Reichswald und einen aufgedeckten Bestechungsversuch getrübt.

Am 9. März 1768 wurde der Sitz schließlich von Förrenberger an Friedrich Carl Scheurl von Defersdorf verkauft [vgl. Erlenstegen I und VII], der 1790 abermals den Wiederaufbau beantragte, sich jedoch auf Baumaßnahmen im Erdgeschoss und am Voithaus beschränkte. Nach dem Tod des Patriziers erbte die Tochter Maria Hedwig von Löffelholz den Besitz. 1812 wurde das „Schloß“ noch immer als nur eingeschossig und „von Fachwerk“ (was aber nur zum Teil stimmte) bezeichnet. Nach dem Tod der Tochter (1814) verkauften die Erben den Besitz an die Familie Kurz. 1827 übernahm der Bauer Peter Kurz das Anwesen von seiner Mutter.

Im 20. Jahrhundert befand es sich im Eigentum der Gastwirtsfamilie Kalb. Nach dem Tod des Georg Kalb 1941 ging es an eine vielköpfige Erbengemeinschaft. Bei einem Bombenangriff 1944 brannten die Gebäude nieder. Zwar wurden sie in der Nachkriegszeit noch notdürftig in Stand gesetzt, 1978 forcierte man jedoch den Abbruch. Das Landesamt für Denkmalpflege setzte lediglich den Erhalt eines kleinen Teils der westlichen Umfassung und des Portals durch.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Waldamt Sebaldi I Nr. 242, 292. Kataster Erlen­stegen Nr. 1, 4, 18.

StadtAN E 10/21 Nr. 60.

Literatur


Glockner, Marie: Lorenz Stauber (1486-1539). In: MVGN 52 (1963/64), S. 169-171.

Rusam, Hermann: Erlenstegen. Ein altes nürnbergisches Dorf im Sog großstädtischer Entwicklung. In: MANL 35 (1986), Heft 1, S. 145-160.


Abbildung

Ansicht der Ruine des Sitzes, Stich von C. D. Henning um 1780 (StadtA Lauf)

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