Hallerweiherhaus


  •  Abgegangener Herrensitz (1944 zerstört)
  • Hainstraße (modern überbaut)
  • Stadt Nürnberg


Zu den bekannteren Patriziersitzen, die noch im näheren Umfeld der Reichsstadt standen, zählte das im Zweiten Weltkrieg durch Bombentreffer zerstörte Hallerweiherhaus. Es entstand frühestens im 14. Jahrhundert. Der Rat hatte Konrad Waldstromer im November 1344 eine Weiheranlage am so genannten Siechgraben bei St. Peter mit der Auflage veräußert, das Wehr des Fischbaches in Stand zu setzen. Dem Waldstromer wurde auch der Bau eines Anwesens für einen Weiheraufseher bewilligt. Nach einer Nachricht aus dem Familienarchiv Petz soll das spätere Weiherhaus aus dem geplanten Aufseherhaus hervorgegangen sein: „dahin hat er das haus gepauet, so man heutigs tags das Weiherhauß nennet“.

Die Besitzgeschichte verlief seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts recht bewegt. Heinrich und Jakob Waldstromer verkauften ihrem Vetter Conrad Pfinzing, der bereits eine Hälfte ererbt hatte, 1378 auch den zweiten Anteil an den drei Weihern. Schon 1384 trat die Witwe Conrads diese an Seitz Pfinzing und Friedrich Derrer ab. 1393 gingen sie in den Besitz des Hans Pirckheimer über.  Dessen Tochter Barbara Grundherr veräußerte 1421 an die Familie Stark, wobei neben den drei Weihern erstmals „Hofstätte und Haus“ erwähnt werden. Für das Jahr 1433 werden Ulrich und Hans Starck als Inhaber des Weiherhauses genannt. 1446 erwarb es Erhart Frey, 1448 Endres Stromer und 1454 Fritz Amman. Im Ersten Markgrafenkrieg 1449/50 war auch auf diesem Weiherhaus [vgl. Lichtenhof] eine Nürnberger Besatzung, die zur erfolgreichen Verteidigung gegen mehrere feindliche Angriffe auf die Stadt beitrug.

Fritz Amman vererbte den Sitz um 1480 an Anton Amman, der ihn schon 1485 an Martin Wagner veräußerte. Kurz darauf, 1487, übernahmen ihn die Vormünder der Erbengemeinschaft des Veit von Wolkenstein. Die Miterbin Dorothea, Ehefrau des Alexius III. Haller, trat 1492 den Besitz an und verkaufte ihn ein Jahr später an ihren Verwandten Wolf II. Haller. Nach dessen Konkurs gaben die Gläubiger das Anwesen 1506 an Ludwig Müntzer weiter, der es 1518 seiner Base Dorothea, verheiratet mit dem 1469 geborenen Hieronymus Holzschuher, vermachte. Dieser räumte noch 1518 der Reichsstadt Nürnberg auch das Öffnungsrecht ein. Angeblich soll das Ehepaar das Weiherhaus kurz darauf „neu aufgebauet“ haben. Nach dem Tod Holzschuhers, bekannt durch sein Porträt von Albrecht Dürer, 1529 übernahm der gleichnamige Sohn das Erbe. Der jüngere Hieronymus Holzschuher starb 1552, im selben Jahr, als im Zweiten Markgrafenkrieg am 31. Mai das „Holtzschuer hawß bey s. Peter“ in Flammen aufging.

Es ist nicht überliefert, ob das Weiherhaus noch unter Carl Hieronymus Holzschuher, der 1557 ohne männliche Erben starb, wieder in Stand gesetzt worden ist. Er wurde von seiner Schwester Polyxena beerbt, die 1566 Hans Jakob I. Haller von Hallerstein heiratete. Dementsprechend erscheint auf dem Rundprospekt von 1577/81 erstmals der Name „Hallers Weiherhaus“. Hans Jakob Haller, der am 2. Januar 1593 das Öffnungsrecht der Reichsstadt erneuerte, starb am 16. November 1604. Nach seinem Tod wurde der Wirtschaftshof des Sitzes erweitert, doch schon 1607 erlebte die Erbengemeinschaft ein Brandunglück, das große Teile der Ökonomie vernichtete. Mit dem Wiederaufbau wurde die Bebauung des Wirtschaftshofes an den Rand des Hofraums platziert und eine größere Freifläche geschaffen. Um 1632 wurde der Weiherfläche ein innerer Schlosshof abgerungen. Damals wurde der Sitz mit dem Weiher in die Verteidigungslinie der Schweden einbezogen und überstand so den Dreißigjährigen Krieg unbeschadet. Im Jahr 1655 soll ein nochmaliger Erweiterungsbau stattgefunden haben (diese Jahreszahl befand sich ehemals an der Grabenmauer), der in der Überlieferung des zuständigen Waldamtes Lorenzi nicht aufscheint. Die Umbauten im Zeitraum von 1607/08 bis 1654 geschahen auf Veranlassung von Hans Albrecht Haller.

1687 stiftete Hans Melchior Haller das Schlossgut dem Fideikommiss (Familienstiftung) der Hans Albrecht­schen Linie der Haller von Hallerstein zu. Die Nutzung des Besitzes stand nun in einer genau bestimmten Reihe den Neffen des Stifters zu, dann sollte sie jeweils vom Senior des Familienzweiges in Anspruch genommen werden. Der letzte Administrator der Linie, Burckhard Albrecht Haller, schenkte das Gut schließlich 1757 seinem Vetter Johann Georg von der Sigmundschen Linie der Haller von Hallerstein.

Das Hallerweiherhaus machte um 1790 von sich reden, als die Brüder Johann Georg und Johann Sigmund Haller versuchten, hier eine Porzellanfabrik zu etablieren. In den ehemaligen Pferdestallungen wurde 1790/91 ein Versuchsbrennofen eingebaut. Das Projekt wurde jedoch bald wieder aufgegeben: 1794 war die Porzellanwerkstatt zwar noch eingebaut, aber nicht mehr in Betrieb. Damals wurde das dritte Geschoss des Weiherhauses umgebaut. Die Erben des Johann Georg Haller beendeten 1813 die lange Besitztradition der Freiherren Haller von Hallerstein durch Verkauf an Dr. Rudolf Freiherrn von Holzschuher. Von dem Kaufmann Andreas Löwel ging der Sitz 1831 an den württembergischen Salinendirektor und sachsen-weimarischen Legationsrat Johann Wilhelm von Thon [vgl. Reichenschwand I].

Das Weiherhaus bestand aus einem älteren viergeschossigen Wohnturm mit einem obersten Geschoss aus Fachwerk, dem im rechten Winkel ein dreigeschossiger, mit einem Halbwalmdach überspannter Massivbau angefügt worden war. Die beiden Baukörper, deren Baugeschichte nie erforscht worden ist, wurden vermutlich in der frühen Neuzeit mehrmals baulich verändert. Der Herrensitz stand einst im Schlossweiher und war nur über eine Brückenanlage erreichbar. Erst im 19. Jahrhundert wurde die Weiheranlage trockengelegt und verfüllt, auch die Zwingerbefestigung wurde abgetragen. Im weiteren Verlauf bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 1944 wurde das Hallerweiherhaus als Mietshaus genutzt.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Handschriften Nr. 323. Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 482.

StadtAN E 10/21 Nr. 71.

HallerA Besitz Wilhelmsche Linie, Urkunden und Akten Haller-Weiherhaus.

Gelegenhait, Nr. 692.

Müllner I, S. 345, 418; II, S. 448 f, 453.

Literatur


Freitag-Stadler, Renate: Johann Adam Klein 1792-1875. Zeichnungen und Aquarelle (= Bestandskatalog der Stadtgeschichtlichen Museen Nürnberg). Nürnberg 1975, S. 77 f mit Aquarell von 1810.

Friedrich Frommann: Albrecht Dürers „Weier Haus“ – das „Haller-Weiherhaus“. In: Nürnberger Schau (Oktober 1941), S. 247-249.

HAB Nürnberg-Fürth, S. 125 f.

Pfeiffer, Gerhard: Die Offenhäuser der Reichsstadt Nürnberg. In: JffL 14 (1954), S. 153-179.

Ruthrof, Renaissance, S. 52, 68 ff, 94.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 399 mit koloriertem Stich von F. A. Annert von 1788.

Willax, Franz: Die Befestigungsanlagen Gustav Adolfs von Schweden um Nürnberg 1632. In: MVGN 82 (1995), S. 185-235.


Abbildung

Ansicht des Schlosses von Süden, Fotografie: G. v. Volckamer um 1894 (StadtMN)

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