Hartenstein
- Burg
- Burg 1
- Gemeinde Hartenstein
- Landkreis Nürnberger Land
Die Burg Hartenstein erscheint erstmals urkundlich im Jahr 1268, als „Rupertus miles [Ritter] dictus de Hertenstein“ das Patronatsrecht über die Pfarrei Eschenbach dem Kloster Engelthal übereignete. Genannt wird auch sein gleichnamiger Vater Rupert von Neidstein. Beide gehörten einem höherrangigen Ministerialengeschlecht an, das schon 1119 zu den ersten Gefolgsleuten des mächtigen Sulzbacher Grafen Berengar zählte und sich später nach der Burg Neidstein im Sulzbacher Land nannte. Als die Staufer die Sulzbacher Grafen 1188 beerbten, traten die Neidsteiner als Reichsministeriale in den Dienst des Kaisers.
Die späte urkundliche Nennung des Hartensteins lässt eine Erbauung erst während des Interregnums um 1250 vermuten, als die Neidsteiner im Zuge der ausbrechenden Machtkämpfe in der Region ihre Herrschaftsansprüche zu markieren versuchten. Nicht unmöglich erscheint aber auch ein etwas früheres Baudatum, da eine 1715 erfolgte Bauaufnahme den ältesten Teilen sorgfältig gearbeitete Mauerschalen aus großformatigen Werksteinen zuschrieb. Diese kostspielige Bauweise begann unter den finanzkräftigen Stauferkönigen und dem hohen Adel im späten 12. Jahrhundert und wurde nach dem frühen 13. Jahrhundert nur noch selten angewandt. Demnach ist es nicht auszuschließen, dass der Hartenstein noch im Auftrag des Reichs um 1200 entstand und vielleicht als Verpfändung im Besitz der Neidsteiner blieb.
Als König Rudolf I. und seine Nachfolger seit den 1270-er Jahren versuchten, entfremdetes Reichsgut zurückzugewinnen, wurde der Hartenstein allerdings nicht (mehr) als Reichsgut erkannt. Eine Hypothese zur Bauzeit auf der Basis archäologischer Befunde steht derzeit noch aus.
Die Hartensteiner starben im frühen 14. Jahrhundert aus: Heinrich von Hartenstein verschied wohl noch 1324 ohne männliche Erben, seine Brüder Albrecht (Abt des Klosters Ensdorf), Hermann und Eberhard (Komtur des Deutschen Ordens) waren geistlichen Standes. Die Burg ging zunächst an die verwandten Schenk von Reicheneck und geriet noch 1325 in den Krieg des Konrad Schenk mit Nürnberg. Im Frühsommer 1325 hielt die Burg Hartenstein einer Belagerung Nürnberger Truppen stand. Bald nach diesem Ereignis ging sie an König Ludwig den Bayern über. Es ist ungeklärt, ob dies im Zusammenhang mit den kriegerischen Auseinandersetzungen oder aus wirtschaftlichen Gründen geschah.
Mit dem Hausvertrag der Wittelsbacher zu Pavia 1329 überließ der Kaiser die Burg der pfalzgräflichen Linie seines Geschlechts. 1353 führten finanzielle und politische Verpflichtungen dazu, dass die Pfalzgrafen große Teile der Oberen Pfalz an den böhmischen König und späteren Kaiser Karl IV. verpfändeten. Dieser schuf auf der Grundlage der Gebietsgewinne sein neuböhmisches Territorium, wobei auch auf der Burg Hartenstein ein böhmisches Pflegamt eingerichtet wurde. Erst im böhmisch-pfälzischen Krieg 1400/01 konnte Kurfürst Ruprecht von der Pfalz, seit 1400 deutscher König, ehemals pfälzische Gebiete zurückgewinnen. Die Burg Hartenstein musste der König jedoch für 2.000 Gulden dem reichen Nürnberger Montanunternehmer und Finanzmakler Ott Haid abkaufen, der sie von König Wenzel in den 1390-er Jahren in Pfandbesitz genommen hatte.
Die Pfalz war angesichts chronischer Finanzknappheit häufig gezwungen, Ämter und Burgen an Gefolgsleute zu verpfänden. Von etwa 1415 bis 1503 waren die Herren von Egloffstein Inhaber des Pfandes. 1503 ging die Burg dann von Sigmund von Egloffstein an Ludwig von Eyb den Jüngern, einen engen Vertrauten der Pfalzgrafen, über. Der 1450 geborene Eyb, der zeitweise als Viztum der Oberpfalz, Hofmeister und oberster Feldherr der Pfalzgrafen amtierte, ließ die Burg für seine Bedürfnisse erheblich baulich erweitern. In den Jahren nach 1505 dürften der neue Wohnbau und der Marstall im Süden der oberen Burg geschaffen worden sein. Ludwig von Eyb zu Hartenstein war auch der Verfasser des berühmten Buches „Geschichten und Taten des Wilwolt von Schaumberg“, einer der vorzüglichsten Quellen spätmittelalterlicher Adelskultur.
Nach dem Tod des kurfürstlichen Hofmeisters 1521 ging die Burg an dessen gleichnamigen Sohn über. Dieser gab Burg und Herrschaft jedoch schon 1530 für fast 19.000 Gulden an die Pfalz zurück, wobei später 8.000 Gulden für die erfolgten Bauausgaben veranschlagt wurden. Die katastrophale Finanzlage des Pfalzgrafen Friedrich II. („Friedel mit der leeren Tasche“) führte wohl dazu, dass die Feste 1541 an den Nürnberger Bürger Hans Buchner verpfändet wurde. Buchner betrieb in Böhmen Bergwerke und nutzte die Burg wohl für seine Montangeschäfte zwischen Nürnberg und Böhmen. Unter ihm kam es unmittelbar nach dem Kauf 1541 zur Errichtung eines Gebäudes, aus dem der heutige Hauptbau hervorging. Wahrscheinlich wurde die Burg nun zur Kupferniederlage, da Buchner aufgrund des von Hans III. Ebner 1530 erworbenen Kupfermonopols nur die nahen Kupfersaigerhütten Enzendorf und Hirschbach beliefern konnte [vgl. Enzendorf, Hirschbach].
Nach einem Konkurs wirtschaftlich und gesundheitlich angeschlagen, verstarb Hans Buchner, der zuletzt als Pflegefall auf der Burg hauste, 1551. Seine Erben gaben das Pfand an die Kurpfalz zurück, die nun abermals ein Pflegamt auf der Burg einrichtete. Auf Grund der seit 1505 unmittelbar an der Burg verlaufenden Grenze zum reichsstädtisch-nürnbergischen Territorium erfüllte die Burg nun auch die Funktion einer Grenzfestung. Entsprechend stark war sie mittlerweile ausgebaut worden. Um 1600 mussten drei Toranlagen und drei Zugbrücken passiert werden, bevor man über die untere in die obere Burg gelangte. Kern der mittelalterlichen Burg waren ein als „hohe kemnat“ bezeichneter Wohnturm und ein unmittelbar nördlich anstehender Bergfried. Sie ragten auf dem Felsblock im Zentrum der oberen Burg auf. Der auch nach Verlust seines Daches noch über 16 Meter hohe Bergfried wurde durch Sprengungen 1703 ruiniert und etwa um 1800 vollends abgetragen. Um 1890 war dann auch von den restlichen Hauptgebäuden nur noch ein Trümmerhaufen übrig. Zwischen dem Wohnturm und der Burgkapelle im Süden folgten das wohl unter dem Eyber entstandene „pflegers wohnhaus“ sowie ein Trakt auf dem südlichen Felsen mit Pferdeställen und Wohnräumen im Obergeschoss.
Das heute fälschlich als Palas bezeichnete, noch erhaltene Burggebäude basiert auf einem Um- und Erweiterungsbau des Hans Buchner von 1541. Es wurde um 1590 abermals erheblich umgestaltet und vergrößert, nachdem die kurpfälzischen Behörden seit 1585 über mangelhafte Getreidelagerflächen geklagt hatten. Spätestens im frühen 17. Jahrhundert scheint das Gebäude auch als Zeughaus zur Einlagerung von Waffen genutzt worden zu sein. Als schließlich im 30-jährigen Krieg eine kurbayerische Garnison nach Hartenstein verlegt wurde, wurde es um 1634 zunächst provisorisch, dann 1674/75 umfassend, zur Kaserne umgebaut. Die Bezeichnung Kaserne hielt sich für das Gebäude bis weit ins 19. Jahrhundert hinein und ist erst dann in Vergessenheit geraten. Der 1541 und um 1590 geschaffene Baubestand hat sich in der ehemaligen Kaserne sehr weitgehend erhalten.
Nach dem Untergang der Oberen Pfalz nach der Schlacht am Weißen Berg bei Prag 1620 wurde auch der Hartenstein bayerisch besetzt. Als kurbayerisches Pflegschloss und Grenzfestung erfüllte er seit dem 17. Jahrhundert auch die Funktion einer strategischen Station zwischen der kurbayerischen Festung Rothenberg und der Regierungshauptstadt Amberg. Daher war die Burg Ziel eines Angriffs der kaiserlich-alliierten Truppen unter General Janus im Spanischen Erbfolgekrieg 1703. Unter dramatischen Umständen wurde sie am 8. Mai 1703 vom Feind eingenommen. Mit Pulverladungen sprengte man daraufhin die Basteien, Wehrtürme und sonstigen äußeren Befestigungswerke. Dies führte zu erheblichen statischen Schäden an den übrigen Burggebäuden, die auch im Laufe des 18. Jahrhunderts nicht mehr zufriedenstellend behoben werden konnten und den allmählichen Verfall förderten.
Mit der staatlichen Neuordnung Bayerns im frühen 19. Jahrhundert wurde das Pflegamt Hartenstein aufgelöst und die Burg privatisiert. Zunächst wurde sie vom pensionierten Pflegskommissar Johann Michael Fischer erworben. Nach dessen Konkurs 1818 und der folgenden Zwangsversteigerung wurde die Burg in mehrere Anteile zerschlagen. Drei Haushalte richteten sich unter dürftigsten Verhältnissen in der ehemaligen Kaserne ein, während die hohe Kemenate und der Eybsche Bau, als Steinbruch genutzt, immer mehr zur Ruine wurden.
Es wird davon berichtet, dass sich die Burg um 1900 in einem so jämmerlichen Zustand befand, dass der Staat von 1903 bis 1905 wenigstens die Außenmauern in Stand setzen ließ. Einige Jahre später kaufte der in Nürnberg lebende Architekt Hans Jakober die verschiedenen Besitzanteile auf. Spätestens seit Anfang 1915 wollte er in der Burg ein „Deutsches Kriegerheim“ als Erholungsheim für Offiziere und Mannschaften einrichten und ließ auch noch das Grünreuther Schlösschen abbrechen, um an Baumaterial zu kommen [vgl. Grünreuth I]. Der Architekt gab seinen Plan glücklicherweise bald darauf auf und errichtete sein Erholungsheim ab 1921 in Hagenbüchach bei Neustadt/Aisch. Die Burg veräußerte er an Dr. Hans Anna Haunhorst, einen Diplomaten, der sich im frühen 20. Jahrhundert um das Verhältnis zwischen den Kaiserreichen Deutschland und Japan verdient gemacht hatte. Er setzte die Renovierung fort und lebte bis zu seinem Tod 1954 in der Burg, wo er auch zwei volkskundliche Bücher über Japan verfasste. Seine Nachfahren ließen in den 1960-er und frühen 1980-er Jahren mehrere Neubauten, u.a. einen Anbau an die ehemalige Kaserne, errichten. Sie haben die Burg 2003 an die Gemeinde Hartenstein verkauft, die sie erstmals in ihrer Geschichte der Öffentlichkeit zugänglich machen will.
Quellen
StadtA Er X.B.37 (Spendenaufruf „Deutsches Kriegerheim Burg Hartenstein“ mit Modellfoto).
Mitteilungen von Herrn Restaurator Holger Wilcke zum restauratorischen Befund in der ehemaligen Kaserne.
Böhmisches Salbuch, S. 20 f, 37, 52, 93.
Gelegenheit, Nr. 937
Literatur
Giersch, Robert: Archivalienforschung zur Baugeschichte der Burg Hartenstein. Schwerpunkt 16. bis 19. Jahrhundert. Denkmalpflegerische Voruntersuchung 2005. Unveröff. im BLfD.
Ders.: Materialsammlung zur Geschichte der Burg Hartenstein. Unveröff. Manuskript 2005.
Ders.: Kleine Geschichte der Burg Hartenstein im Nürnberger Land. Hartenstein 2006.
KDM Hersbruck, S. 99-102 mit Bleistiftzeichnung von Konrad Wießner 1813.
Rühl, Pegnitz, S. 34 f.
Voit, Pegnitz, S. 92 ff, 137.
Winterroth, Hans: Hartenstein. Burg Hartenstein. In: MANL 12 (1963), Heft 1/2, S. 26-30.
Ders.: Hartenstein. Chronik v. Burg, Festung, Dorf. Schwabach 1977.
Abbildung
Die Burg mit der Hohen Kemenate und dem Bergfried im Zentrum, Ausschnitt aus Hieronymus Brauns Karte der Ämter Velden und Hauseck vom Februar 1611 (StAN)
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