Kontumazgarten

  • Abgegangener Herrensitz, „Vargethschloß“ (Abbruch nicht datiert)
  • Praterstraße 5-13
  • Stadt Nürnberg


Schon im Spätmittelalter entstanden westlich der Stadt zahlreiche bürgerliche Gartenanwesen. Am Fuhrweg, der östlich der Kleinweidenmühle zum Spittlertor führte, lag unmittelbar an der Kontumazanstalt, einer Quarantänestation für in Seuchenzeiten ankommende Reisende und Güter, ein großes Gartenanwesen, das wohl einst im 15. Jahrhundert den Holzschuhern gehört hatte und 1531 bei Endres Geuder war. Im Zweiten Markgrafenkrieg erlitt die Bebauung das Schicksal aller Anwesen vor der Stadtbefestigung und wurde 1552 niedergerissen, da der heranrückende Feind keine Deckung finden sollte.

Der Garten erlebte in der Zeit danach häufige Besitzwechsel. Wohl einige Zeit vor 1590 erwarben ihn die italienischen Kaufleute Frane und Francesco Franchi. Unter ihrem Nachfolger Paul Seidenschuher wurde 1592 ein repräsentatives Herren- und ein Voithaus auf dem Anwesen überliefert, die vermutlich beide von der Familie Franchi gebaut worden waren. Im Garten soll es sogar einen unterirdischen, in den Fels geschlagenen Gang zu einem Wasserwerk gegeben haben, das zum Betrieb von Fontänen und diverser Wasserspiele diente.

Um die Mitte des 17. Jahrhunderts kam der Herrensitz an den Kaufmann Georg Vargeth. Der sehr wohlhabende Unternehmer ließ nicht nur 1669 das im Garten errichtete Herrenhaus, auch „Langhaus“ genannt, erheblich ausbauen, sondern zur besonderen Zierde des Anwesens auch ein kleines, ca. 6 auf 6 Meter in der Grundfläche großes Weiherhaus im Stil des italienischen Manierismus. Dessen Gestalt hat uns der bekannte Zeichner Johann Andreas Graff, Ehemann der Maria Sybilla Merian, überliefert. 1676 war Georg Vargeth offenbar in profanerer Stimmung und richtete in seinem Anwesen eine Pottaschenfabrik zur Pulverfabrikation ein. Vargeth beschäftigte den Naturforscher David Schwämmlein, der hier seine „Probier- und Chymische Kunst“ etablierte.

Vor dem Juni 1701 erwarb der bekannte Astronom und Kaufmann Johann Philipp von Wurzelbau (auch Wurzelbaur), Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften, das Vargethschloss und ließ zumindest einen Teil der kunstvollen, jedoch von der Witterung sehr beeinträchtigten Annexe des Weiherhauses, eine werksteinerne Altane und eine Galerie, abbrechen. 1702 sollte das Herrenhaus durch einen Umbau des Treppenturms verändert werden. Unter dem 1725 verstorbenen Gelehrten und seinem Sohn Johann Friedrich wurden offenbar die Mieteinnahmen optimiert und in den verschiedenen Gebäuden, selbst im Herrenhaus, zahlreiche Zinswohnungen untergebracht, ein Umstand, der vom Waldamt auf Grund der nur begrenzten Wald- und Feuerrechte argwöhnisch beobachtet wurde.

1734 übernahm der Handelsmann Hans Degenkolb das Anwesen. Zu seiner Zeit wurde das Herrenhaus als dreigeschossig beschrieben. Im Erdgeschoss barg es einen Gartensaal und das schon früher genannte Wasserwerk. Im ersten Obergeschoss befanden sich herrschaftliche Wohnstuben. Das zweite Obergeschoss war an Zinsleute vermietet. 1734 existierte auch noch das kunstvolle kleine Weiher- oder Lusthaus im Gartenweiher.

Zur Zeit der Eingliederung der Reichsstadt ins Königreich Bayern um 1806 wurde das Anwesen in mehrere Einzelteile zerschlagen. Der Gartenanteil mit dem Herrenhaus befand sich 1829 im Besitz eines Georg Kretschmann. 1860 war der Kaufmann und Marktvorsteher Christian Merk Eigentümer. In der Zeit danach fiel es schließlich dem Bauboom der Gründerzeit zum Opfer. 1930 war von den Gebäuden und Gartenanlagen nichts mehr erhalten.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 441.

StadtAN E 10/21 Nr. 2, 17.


Abbildung

Ansicht des „welschen“ Weiherhäusleins oder kleinen Herrenhauses, Stich von J. U. Krauß nach einer Zeichnung von J. A. Graff von etwa 1685 (StAN)

Lageplan

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