Röthenbach a.d. Pegnitz I

  • Herrensitz, „Gelbes“ oder „Bachmeier-Schlösschen”
  • Schlossgasse 4
  • Stadt Röthenbach an der Pegnitz
  • Landkreis Nürnberger Land


1531 erwarb der Nürnberger Bürger Lorenz Hentz von Ladislaus Derrer die Grundherrschaft über ein „Seldengütlein“, also ein kleines landwirtschaftliches Anwesen in Röthenbach. Nach mehrfachem Besitzwechsel gelangte sie 1660 an Georg Wilhelm Hentz [vgl. Röthenbach II], der sie 1667 an das Nürnberger Heilig-Geist-Spital veräußerte. Da die Verpachtung des Gütleins sich als unrentabel erwies, wurde das Erbrecht daran 1695 an den Nürnberger Patrizier Johann Friedrich von Thill verkauft.

Dieser bat noch im selben Jahr das Waldamt Lorenzi um Bauholz, um das angeblich „ganz baufällige Schlößlein“ in Stand setzen zu können. Der Bauherr, der einem im 15. Jahrhundert aus Brabant eingewanderten Geschlecht angehörte, das sich in den folgenden Jahrhunderten mit Nürnberger Patrizierfamilien verschwägerte, gebrauchte diese Formulierung offensichtlich, um das Waldamt zu täuschen, das auf den guten Stand der Wälder und die Einhaltung der Waldrechte zu wachen hatte. Als Seldengütlein verfügte das Anwesen nämlich keineswegs über den Status, der zum Bau eines repräsentativen, mehrgeschossigen Wohnhauses berechtigte.

Nachdem die Eingabe trotz der fragwürdigen Angaben 1695 genehmigt worden war, errichtete Thill in den folgenden Monaten an der Stelle des Bauernhauses ein zweigeschossiges, traufseitig dreiachsiges Herrenhaus. Nach Wilhelm Schwemmers Angaben wurden in den beiden Geschossen jeweils eine Stube und Küche eingerichtet, im südlichen Erdgeschoss ein Stall, während sich nur im Obergeschoss eine zweite Kammer fand. 1697 erlaubte das Waldamt nach anfänglicher Ablehnung dann sogar den Bau eines Zinshäusleins, in dem Tagelöhner untergebracht werden sollten. Es entstand als langer, schmaler Baukörper, der an die nordwestliche Einfriedungsmauer des Sitzes angebaut wurde.

Der Bauherr, der 1698 Brandenburg-Kulmbachischer Kammerherr geworden war, konnte sich nicht lange seines neuen Herrenhauses erfreuen: Nach dem Verlust seiner Bayreuther Beamtenstelle verkaufte er die Liegenschaft im November 1702 für 2.100 Gulden an den herzoglich-württembergischen Rat Philipp Karl Hammerer, um 1703 einen Dienst in den holländischen Kolonien anzutreten, wo er 1706 auf einer Seereise tödlich verunglückte.

Der neue Besitzer war bald so verschuldet, dass er 1706 an seinen Hauptgläubiger, den Nürnberger Handelsmann Paul Sauter, verkaufen musste. Dieser fiel nur durch einen Schwarzbau eines Nebengebäudes und die Vermietung der Räume an fünf Beständner auf. Erst 1733 veräußerte Sauter an den Nürnberger Ratskonsulenten Dr. Hieronymus Eckenbrecht, der schon 1734 begann, den Herrensitz zu modernisieren. Das Zinshaus wurde erheblich erweitert, und im Obergeschoss des Herrenhauses wurde mindestens eine Innenwand entfernt, um in der Südhälfte einen Saal einrichten zu können, der die ganze Hauslänge einnahm und mit einer reich dekorierten Stuckdecke im Régencestil verschönert wurde. Um Wohnraum zu gewinnen, wurde die Treppe entfernt und an die östliche Giebelseite ein Treppenturm errichtet. Unmittelbar nordwestlich stieß ein Anbau mit einem Lagergewölbe an das Haus, dem fast rechtwinklig eine Scheune angesetzt war. An diese schon vor 1734 erstellten Gebäude wurde nun westlich eine größere Remise angefügt.

Nach dem Tod des Dr. Eckenbrecht stießen dessen Erben den Herrensitz im Dezember 1756 für 3.600 Gulden an den Advokaten Abraham Jakob Örtel ab, einen Alfelder Pfarrerssohn, der in Altdorf studiert hatte und im Dienst, zuletzt als „wirklicher Geheimer Rat“, des Herzogs von Sachsen-Hildburghausen stand. Der Käufer, der auch das Reichslehen Günthersbühl besaß und 1762 in den Reichsadelsstand aufgenommen wurde, verbrachte über drei Jahrzehnte auf dem Gut, ohne größere Änderungen vorzunehmen [vgl. Günthersbühl]. Örtel ließ lediglich entlang der nordöstlichen Einfriedung ein Sommerhaus mit drei kleinen Sälen errichten. Nach dem Tod des herzoglichen Geheimrats am 29. Januar 1790 übernahm der Sohn Carl Heinrich das Anwesen. Über seine Zeit in Röthenbach wird nichts Erwähnenswertes überliefert. 1830 wurde er von seiner Tochter Jakobine Karoline, die mit einem Dr. Kapfer verheiratet war, beerbt. Die Nachfahren des Ehepaars veräußerten schließlich 1855 an den Steinhauermeister Leonhard Bachmeier, dessen Familie für drei Generationen das Herrenhaus bewohnte, weshalb sich mit der Zeit der Hausname „Bachmeier-Schlösschen“ einbürgerte.

1890 erwarb es der Fabrikant Conrad Conradty, der 1880 die Röthenbacher Bleistiftfabrik gegründet hatte, aus der später eine der weltweit größten Produktionsstätten für Beleuchtungskohlen wurde. Er ließ im „Bachmeier-Schlösschen“ drei Arbeiterwohnungen einrichten. Als Eigentümer folgten 1901 der Sohn Friedrich, 1909 dessen Witwe Pauline Johanna Karoline und schließlich deren Söhne Eugen und Ottmar Conradty.

Um 1995 wurde das Herrenhaus renoviert. Nach wie vor wird sein Erscheinungsbild von den reich gegliederten Putzfassaden geprägt. Sie zeichnen sich durch geohrte Faschen, Ecklisenen, ein reich profiliertes Traufgesims und Geschossbänder aus. Der 1734 angefügte Treppenturm birgt eine hohle Spindeltreppe, deren profilierte Spindel aus einer einzigen Tanne hergestellt worden ist.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 559.

Literatur


Alberti, Volker / Baumann, Lorenz / Holz, Horst: Burgen und Schlösser in Lauf und Umgebung. Unteres Pegnitztal (= Fränkische Adelssitze Bd. 2). Simmelsdorf-Hüttenbach 1999, S. 100-103.

KDM Lauf, S. 380-382, mit Grundrissen des Erd- und Obergeschosses.

Schwemmer, Wilhelm: Röthenbach an der Pegnitz. Die Geschichte einer Industriestadt (= Schriftenreihe der ANL Bd. 30). Nürnberg 1982, S. 43-48.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 1073.


Abbildung

Das so genannte „Gelbe Schlößchen“ auf einer kolorierten Zeichnung von J. C. Bankel aus dem Jahre 1916 (StadtA Lauf)

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