Schnaittach

  • Ehemaliges Herrenhaus, „Velhorn-Schloss“
  • Bayreuther Straße 15
  • Markt Schnaittach
  • Landkreis Nürnberger Land


Das so genannte Velhorn-Schloss wurde bis 1727 von Johann Leonhard Velhorn, dem kurbayerischen Pflegamtsverwalter zu Schnaittach, zur privaten Bewohnung errichtet. Der frühere Gerichtsschreiber und Proviantverwalter auf der Festung Rothenberg war schon 1689 bis 1703 Pflegamtsverwalter gewesen. Mit dem Sieg der kaiserlich-alliierten Truppen im Spanischen Erbfolgekrieg wurde Bayern kaiserlich besetzt, wobei 1707 die Herrschaft Rothenberg der Reichsstadt Nürnberg überlassen wurde [vgl. Rothenberg]. Velhorn floh außer Landes und wurde erst nach den Friedensverträgen von 1713/14 und der Wiedereinsetzung des bayerischen Kurfürsten 1714 von der Amberger Regierung nach Schnaittach an seinen alten Dienstposten entsandt. Möglicherweise zeichnete sich bereits 1722 seine Pensionierung ab, denn der Beamte erwarb in diesem Jahr das bisher mit einem Kalkofen bebaute Grundstück des Kalkbrenners Hans Georg Kolbmann und begann bald darauf mit dem Bau eines Herrenhauses.

Das zweigeschossige Gebäude aus unverputzten Sandsteinquadern mit sieben zu fünf Fensterachsen erhielt ein hohes, dreigeschossiges Walmdach. Der östliche, in einem Korbbogenportal liegende Haupteingang im erhöht liegenden Erdgeschoss wird über eine doppelläufige Freitreppe erreicht. Vom mittig angeordneten Haustennen führte eine in der westlichen Umfassung eingerichtete Türöffnung in den Garten, der mit Broderien, einem Springbrunnen im Wegekreuz und einem Pavillon ausgestattet wurde. In den 1727 fertiggestellten Bau zog der Bauherr als Privatier ein, starb jedoch bereits in diesem Jahr.

Er wurde von seinem Sohn Johann Friedrich Anton (1695–1767) beerbt, der 1749 geadelt wurde. Damit konnte er die von ihm erworbenen und mit der Edelmannsfreiheit privilegierten Landsassengüter Tressau und Ursensollen in Besitz nehmen. Im Jahre 1743 hatte er in dritter Ehe Susanne Maria Helena von Muffel auf Eschenau (1719–1757) geheiratet. Dritter Besitzer aus der Familie wurde Johann Wolfgang Alois von Velhorn (1734–1789), der Sybilla von Loefen zu Diepoltsdorf geheiratet hatte. Als Landrichter trat er 1767 das höchste kurbayerische Amt in Schnaittach an, starb aber be-reits 1789, ohne einen männlichen Erben zu hinter­lassen.

Der Besitz ging an seine Tochter Josefa von Velhorn, die sich 1796 mit dem Schnaittacher Bürger Wolfgang Reiser vermählte. Mit der Ehe ihrer Tochter Ernestine ging das Schloss 1822 an den Schnaittacher Ziegeleibesitzer Johann Baptist Schmauss über. Dessen Sohn Leonhard Schmauss modernisierte die Ziegelei zwischen 1857 und 1862 und bezog auch das Gelände westlich des Herrenhauses für den Abbau von Ton mit ein. Ihm folgte als Eigentümer der Sohn Albert nach, der die Dampfziegelei und die Kalkbrennerei 1918 wegen Unrentabilität einstellte und das ehemalige Velhorn-Schloss an Friedrich Reck-Malleczewen verkaufte.

Der Käufer zählte mit seinen für den Publikumsgeschmack geschriebenen Kriegs- und Abenteuerbüchern zu den populärsten Schriftstellern der Weimarer Zeit, dessen Bücher bis in die 1960-er Jahre erstaunliche Auflagen erlebten. Monarchistisch gesinnt, machte Reck kein Hehl aus seiner Abneigung gegen die Nationalsozialisten und starb nach einer Denunziation Anfang 1945 im Konzentrationslager Dachau. Das Schnaittacher Schloss hatte Reck aufgrund der hohen Unterhaltskosten bereits 1922 wieder verkauft – „nachdem es dort spukte“.

1925 wurde das Schloss von der Caritas übernommen, die es zu einem Fürsorgeheim und zu einer Kleinkinderschule ausbaute. Zwischen 1943 und 1945 waren in den Räumen ein Lazarett und ein Hilfskrankenhaus untergebracht. Heute ist das Schloss Teil des weitläufigen Caritas-Jugendhilfezentrums, dessen Gebäude sich im ehemaligen Schlossgarten erstrecken. Das Herrenhaus wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mehrfach umfassend modernisiert und der Nutzung angepasst, sodass sich vermutlich kaum noch historischer Bestand innerhalb der Umfassungsmauern bewahrt hat. Auch die in den 1960-er Jahren noch inventarisierten, bauzeitlichen Stuckdecken fielen den Umbauten zum Opfer.

Quellen


StAN Reg. v. Mfr., K. d. Fin., Abgabe 1909 Nr. 6661. Rst. Nbg., Differentialakten Nr. 494. BA Hersbruck I Nr. 1604.

Literatur


Alberti, Volker / Baumann, Lorenz / Holz, Horst: Burgen und Schlösser im Schnaittachtal (= Fränkische Adelssitze Bd. 1). Simmelsdorf-Hüttenbach 1999, S. 32-39.

KDM Lauf, S. 456-458.

Kroder, Karl / Kroder-Gutmann, Birgit: Schnaittacher Häuserchronik (= Quellen und Forschungen zur fränkischen Familiengeschichte 11). Nürnberg 2002, S. 239-243.

Willax, Franz: Der Kampf um die Veste Rothenberg 1703 (= Vom Rothenberg Nr. 16/1-5). Schnaittach 1992-96, S. 317 f.


Abbildung

Ansicht des Herrenhauses von Osten. Fotografie: G. v. Volckamer um 1894 (StadtMN)

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