Schweinau II

  • Abgegangenes Herrenhaus (Abbruch nach 1980)
  • Hintere Marktstraße 71
  • Stadt Nürnberg


Um das zweite so genannte Herrenhaus in Schweinau herrschte bisher eine gewisse Verwirrung. Einerseits wurde dafür das 1785 erbaute Anwesen Hintere Marktstraße 55 (alte Hausnummer 58) genannt, das rein äußerlich als zweigeschossiger Sandsteinbau mit abgewalmtem, durch Zwerchhäuser und verschiedengestaltige Gauben belebtem Mansarddach durchaus einen herrschaftlichen Eindruck machte. Es war jedoch vom Gastwirt Anton Krach gebaut worden und kann daher keinesfalls als „Herrenhaus“ angesprochen werden. Mit mehr Berechtigung wird das Haus Hintere Marktstraße 71 (alte Hausnummer 62) angeführt. Dieses hat im Jahr 1811 der wohl aus Italien stammende Spiegelfabrikant Candido Mamolo auf einem der alten Schweinauer Bauernhöfe erbaut. Bereits am 23. Juni 1801 hatte er das Anwesen im Zuge des Zwangsvollstreckungsverfahrens der Margaretha Elisabetha Steinberger für 7.100 Gulden ersteigert. Es stammte aus dem Nachlass des Fabrikanten Georg Friedrich Steinberger [vgl. Schweinau III]  und war 1801 nur mit einem eingeschossigen Bauern- und einem ebenso kleinen Schulhaus bebaut. Unter der Familie Steinberger war der Hof, der auch Tabakanbau betrieb, von einem Pächter bewirtschaftet worden.

Spätestens Ende 1810 hatte sich der neue Besitzer zur teilweisen Übergabe an seinen Sohn Wilhelm Mamolo entschieden, wobei er eine Hälfte des Grundstücks für einen Neubau, der vermutlich als Alterssitz gedacht war, abtrennen wollte. Im Januar 1811 war ein entsprechender Gerichtstermin beantragt worden. Bei einer Erneuerung des Gesuchs ein Jahr später war bereits vom „neu erbauten Wohnhaus“ die Rede, das Mamolo senior für sich reservieren wollte. Die grundrechtliche Teilung fand aber nie statt. Noch um 1830, als die Spiegelfabrik Mamolo zahlungsunfähig geworden war, zählten sowohl der zweigeschossige, massive Neubau (Hausnummer 62) als auch das alte Bauernhaus (Hausnummer 63) zu „Candido Mamolos Konkursmasse“.

Das wohl nur aufgrund seines repräsentativen Erscheinungsbildes zu den „drei Schlößchen“ gezählte Anwesen geriet wenig später an die Metzgerfamilie Rödel, die hier eine Gastwirtschaft etablierte. 1868 übergab die Witwe Susanna Maria Rödel an ihre Nachkommen, den Metzgermeister Konrad Rödel und dessen Ehefrau Anna Barbara. Das Ehepaar ließ bald nach 1868 an das Wohngebäude ein „Kegelhaus“ mit Kegelbahnen anbauen. Das Rödelsche Anwesen mit der Wirtschaft „Zum Grünen Baum“ wurde im Bombenkrieg 1943/45 nur beschädigt und war 1977 noch in der Denkmalliste verzeichnet. Es ist in den Jahren danach abgebrochen worden, ohne dass dies großes Aufsehen erregt hätte. In den 1990-er Jahren wurde es in einer Veröffentlichung als „längst verschwunden“ bezeichnet.

Quellen


StAN LG ä.O. Nürnberg Grundakten StG Schweinau Nr. 62/63. Kataster Schweinau Nr. 1, 4, 12.

Literatur


KDM Stadt Nürnberg, S. 479.

Beer, Helmut: Nürnberger Erinnerungen 10. Nürnberg 2001, S. 139.

Rusam, Hermann: Schweinau. Ein ehemals bambergisches Dorf im Sog der großstädtischen Entwicklung Nürnbergs. In: MANL 36 (1987), Heft 2, S. 289-302, S. 297 dort mit dem Wirt Krachschen Haus Hintere Marktstraße 55 (alte Nr. 58)  vermengt.

Rusam, Dorfkerne, S. 154.


Abbildung

Das massive Herrenhaus Hintere Marktstraße 71 mit Walmdach aus nördlicher Richtung. Fotografie: F. A. Nagel 1929 (StadtMN)

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