Schweinau III

  • Abgegangenes Herrenhaus (zerstört 1943/45, Wiederaufbau um 2000 abgebrochen)
  • Holzwiesenstraße 18 (zuvor Maiachstraße 18) 
  • Stadt Nürnberg


Das zweigeschossige, als Herrenhaus bezeichnete Gebäude (von einem „Jagdschlösschen“ kann keine Rede sein!) an der späteren Holzwiesenstraße wurde im Jahr 1769 von Georg Friedrich Steinberger, Kaufmann und Spiegelglasfabrikant, „ganz neu von Steinen“ erbaut. Außerdem entstand ein Keller- und Waschhaus völlig neu. Die ehemals bäuerliche Hofstelle war 1747 von seinem Vater Johann Caspar Steinberger erworben und im Januar 1769 übergeben worden. Der Bauherr verstarb bereits 1784 und hinterließ sein Vermögen einer größtenteils minderjährigen Erbengemeinschaft. Man einigte sich 1788, das „elterliche zweygädige neu erbaute Wohnhaus“ an den Miterben Friedrich Steinberger zu veräußern. Zum Kaufobjekt zählten auch der teils mit einer Mauer, teils mit einem Plankenzaun eingefriedete Hofraum, der mit einem Stadel, Stallungen, einer hölzernen Schupfe und einem Backofen bebaut war.

Doch auch der Sohn starb jung 1793 und vererbte ein beachtliches Vermögen von fast 48.000 Gulden (das Anwesen war mit 6.000 Gulden veranschlagt) seiner Witwe Anna Margaretha und seinem gerade erst geborenen Söhnchen. Durch Wiederverheiratung  erwarb der Kaufmann und Spiegelglasfabrikant Johann Gottlieb Rock den Mitbesitz, der 1808 das zweigeschossige, von Sandsteinquadern erbaute Herrenhaus mit seinen Nebengebäuden, eine Spiegelglasfabrik, die 17 Arbeiter beschäftigte, ein Spiegelschleif- und Polierwerk im Spitzgarten bei Stein und ein weiteres Schleif- und Polierwerk in Penzendorf bei Schwabach umfasste.

Mit Erlangung der Volljährigkeit trat 1811 ein Erbteilungsvertrag in Kraft, der den Sohn aus erster Ehe Georg Friedrich Steinberger begünstigte. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des jungen Besitzers, der nebenbei auch Kapitän der Landwehr war, werden auch durch ein Darlehen deutlich, das er dem Grafen von Pückler noch kurz vor dessen Tod gewährte [vgl. Schweinau I]. 1835 folgte ihm sein Sohn Friedrich. Etwa 10 Jahre später wurde das Herrenhaus mit der Spiegelfabrik an den Buchbindermeister Johann Georg Schrödel verkauft, der hier 1846 eine Buchbinderei gründete. 1880 übernahmen der gleichnamige Sohn und dessen Ehefrau Maria die Liegenschaft mit einer Auszahlung der Miterben und bauten sie noch im späten 19. Jahrhundert zu einer Kartonagenfabrik um. Seit etwa 1900 produzierte die Firma hier Spiele. Die Ideal Sport- und Spielefabrik J. G. Schrödel KG war bis vor kurzem Eigentümerin.

Das Herrenhaus wurde im Zweiten Weltkrieg durch Bomben getroffen und die Ruine in der Nachkriegszeit abgebrochen. An seiner Stelle entstand ein Neubau, dessen Kubatur sich am Vorgängerbau orientierte. Bis zu seiner Zerstörung handelte es sich um einen zweigeschossigen, fünfachsigen Sandsteinquaderbau auf annähernd quadratischem Grundriss. Das Erscheinungsbild wurde vor allem von dem dreigeschossigen Mansarddach geprägt, das je Fläche ein Zwerchhaus und fünf Gauben aufwies, die mit Wellengiebeln und Voluten geschmückt waren, sowie drei kleinere, einfacher gehaltene Giebelgauben im dritten Dachgeschoss. Hinzu kamen die beiden Werksteingiebel mit Gesimsen in den Brüstungshöhen und aufwändigen Vasenaufsätzen. Mit Wellengiebel, Vasen und Pilastern war auch das breite Korbbogenportal für den zur Holz­wiesenstraße zugewandten Hauseingang versehen. Erhalten hatten sich noch im ausgehenden 20. Jahrhundert ein Nebengebäude mit Volutengiebel und ein sehr qualitätvolles Sandsteinportal, das mit der Inschrift „1778“ und einem nicht mehr zu klärenden Wappen geschmückt war. In den 1970-er Jahren wurden auch die Reste einer barocken Gartengestaltung sowie Gartenplastiken des 19. Jahrhunderts inventarisiert. Diese letzten Relikte des Steinbergerschen Herrensitzes sind offenbar erst vor kurzer Zeit beseitigt worden.

Quellen


StAN LG ä.O. Nürnberg Grundakten StG Schweinau Nr. 65. Kataster Schweinau Nr. 1, 4, 12.

Literatur


KDM Stadt Nürnberg, S. 480, mit zum Teil falschen historischen Angaben.

Mulzer, Vorstädte, S. 106, 148.

Rusam, Hermann: Schweinau. Ein ehemals bambergisches Dorf im Sog der großstädtischen Entwicklung Nürnbergs. In: MANL 36 (1987), Heft 2, S. 289-302.

Rusam, Dorfkerne, S. 154-158.


Abbildung

Das Herrenhaus von Nordosten. Fotografie: F. A. Nagel 1929 (StadtMN)

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