Steinbühl II

  • Abgegangener Herrensitz (1945 zerstört)
  • Wiesenstraße 19
  • Stadt Nürnberg


Ein Sitz in Steinbühl soll bereits im 14. Jahrhundert im Besitz der Pfinzing gewesen sein, doch fehlt hierfür ein Nachweis [vgl. Steinbühl I]. Friedrich August Nagel datierte die Errichtung eines Sitzes im Zentrum Steinbühls auf das ausgehende 15. Jahrhundert. Ein solcher wird allerdings in der strategischen Erhebung von 1504 nicht erwähnt. Erst 1517 erklärte Sebald Gartner der Stadt das Öffnungsrecht im Kriegsfall auf seinem wohl eben erst errichteten Haus zu Steinbühl, das mit Mauern befestigt worden war. 1529 belehnten Joachim und Hans von Breitenstein dann Carl Gartner mit dem Sitz. 1538 teilte dieser seinem Lehnsherrn Christoph von Breitenstein mit, dass er den Sitz an die verwitwete Sophia Gabler, vermutlich seine Schwester, verkauft habe, die sich mit Stephan Voit von Wendelstein vermählen wolle. Für 1542 erschien in einem Amtsbuch des Waldamtes Lorenzi unter der Rubrik „Steynpuhell“ ebenfalls der Sitz der Witwe, die hier allerdings noch immer Gabler heißt. 1548 heiratete Sophia Gabler nun den kaiserlichen Sekretär Veit Gugel, der das Lehen von Joachim von Breitenstein empfing. Angeblich wurde der Sitz sofort weiterverkauft, zunächst an einen Stephan Kemblau, dann kurz darauf an die Gebrüder Caspar, Gabriel und Sigmund Nützel, die 1549 von den Breitensteinern belehnt wurden.

Ob der Sitz im Zweiten Markgrafenkrieg 1552 beschädigt oder gar zerstört worden ist, wird nicht belegt; in den Schadenslisten erscheint er jedenfalls nicht. 1581 war er im Besitz des Hieronymus Hopfer, der 1596 noch einmal von den Breitensteinern belehnt wurde. Diese waren aber stark verschuldet und veräußerten daher 1608 ihre sämtlichen Lehen an den Nürnberger Rat. Inzwischen muss der Sitz Steinbühl an Hieronymus Koeler (1542–1613) gelangt sein, dessen Tochter Magdalena sich im Jahre 1600 mit Marx Christoph Gugel vermählte. Nach dessen Tod (1626) verkauften die Erben den Sitz 1630/31 an Johann Sigmund Fürer von Haimendorf, der spätestens Anfang 1631 durch eine Zahlung an die Stadt die Lehnsherrschaft ablöste. Kein Geringerer als Hans Bien zeichnete in diesem Jahr das dreigeschossige Weiherhaus mit seiner Fachwerkkonstruktion und der Wehrmauer, während es von Paulus Pfinzing im ausgehenden 16. Jahrhundert und im Cnopfschen Skizzenbuch von etwa 1612/14 verputzt dargestellt wurde.

Nach dem Tod Johann Sigmund Fürers 1642 ging der Besitz an den Sohn Georg Sigmund Fürer über, der 1677 starb. Danach wurde er 1677 an Endres Imhoff verkauft, allerdings behielt die Familie Fürer ein Eigenrecht zurück, das den jeweiligen Besitzer zur jährlichen Zahlung eines Eigenzinses verpflichtete. Schon 1680 erschien jedoch Nicolaus Christoph Rotenhoffer als neuer Besitzer. Im selben Jahr ging der Besitz an Christoph Carl Kirchmayer über, der ihn um 1684 an Melchior Christoph Mayer veräußerte. 1687 erwarb dann Gabriel Furtenbach von Reichenschwand das Gut. Er kümmerte sich sogleich um die von seinen Vorbesitzern offenbar vernachlässigten Bauten: 1687 wurde ihm die Aufstockung des Voithauses, wo ein „Sommergemach“ entstehen sollte, genehmigt. 1688 sollten die Stallungen und der Stadel im Schlosshof wegen vieler Bauschäden „gänzlich“ abgebrochen und erneuert werden.

Doch auch Furtenbach besaß Steinbühl nicht lange. Schon 1689 verkaufte er den Sitz an den Nürnberger Kaufmann Daniel Weller. Ein Grund für den häufigen Besitzwechsel könnte u.a. die Unterbringung der Steinbühler Schule im Erdgeschoss des Schlösschens gewesen sein: Gabriel von Furtenbach hatte sich schon 1689 über das „höchstbeschwerliche“ Schulhalten in seinem Herrenhaus beklagt. Der Besitzer konnte darüber hinaus nur das erste Obergeschoss nutzen, denn das zweite war in den späten 1680-er Jahren an eine verwitwete Frau von Greifenberg vermietet. Gemeint ist die berühmte, aus Österreich emigrierte Barockdichterin Catharina Regina von Greiffenberg (1633–1694), die 1689 auch die Patenschaft für eine Tochter Furtenbachs übernahm und 1692/93 in die Stadt Nürnberg zog.

In den Jahren nach 1700 stand der Sitz leer. 1710 wollte Christoph Friedrich Graf von Brandenstein, der angab, Altersschwäche und Krankheit zwängen ihn zu einer Wohnung in Stadtnähe, das Herrenhaus mieten. Nach Beschreibungen des frühen 18. Jahrhunderts lag der Sitz damals noch immer „auf einem trockenen (wohl angeschütteten) Zwinger“ in einem großen Weiher. Der Schlosshof war mit einer Mauer eingefriedet, zwei Zugbrücken sicherten den Zugang. Das „Schlößlein“ verfügte über drei Vollgeschosse. Im Erdgeschoss waren ein Haustennen und eine ehemalige Kapelle, die bereits im späten 17. Jahrhundert die oben genannte Schule beherbergte, ein Pferdestall und eine (wohl kleine) Zinswohnung (das ehemalige Bad) untergebracht. Ein kleiner und ein in Felsen geschlagener Keller wurden vermutlich vom Erdgeschoss aus erschlossen. Im ersten und zweiten Obergeschoss befanden sich herrschaftliche Wohnungen mit je einem Vorplatz, zwei großen Stuben, einer Küche mit Speisekammer und wenigen Kammern. Das Dach war mit vier Kammern teilausgebaut. Im Schlosshof hatte man ein Gärtner- oder Voithaus, ein kleines Beständnerhaus (Mietshaus), das Bad- und Hühnerhäuslein und einen großen Stadel sowie Zinswohnungen für den Schulmeister und einen Gärtner errichtet.

Mit dem Tod Daniel Wellers fiel die Liegenschaft 1721 seinem Sohn Michael Joachim Weller zu. Der Erbe beantragte in den 1720-er Jahren zunächst vergeblich den Neubau eines der Zinshäuslein. Ein Brandunglück in dem Gebäude 1727 ermöglichte schließlich doch den Abbruch der Nebengebäude und den Neubau des Stadels und eines großen Mietshauses im Schlosshof. Um 1800 starb der Tuchhändler Cornelius Weller als letzter männlicher Spross seiner Familie. Die Erbengemeinschaft verkaufte den Herrensitz 1804 an den Kaufmann Lorenz Benjamin Schoch. Dieser vermachte das Gut 1817 seiner Nichte Caroline Luise Octavia Schoch.

Als es um 1830 abermals verkauft wurde, setzte ein Niedergang ein. In den 1880-er Jahren wurde der Wassergraben trockengelegt und aufgefüllt. Das Herrenhaus soll richtig „verkommen“ gewesen sein, als es zur Zeit des Ersten Weltkriegs dem Kohlenhändler Freiberger gehörte, der im Erdgeschoss Kohlen lagerte und die Obergeschosse an arme Leute vermietet hatte. Angesichts dieser Nutzung konnte es nicht ausbleiben, dass, wie Friedrich August Nagel im frühen 20. Jahrhundert bemerkte, „die alte Innenausstattung, die grosse Stube oder Conventstube oder der Saal mit seiner Wandvertäfelung“ verloren gingen. Später wurde noch der Fassadenputz abgenommen und das Fachwerk freigelegt. Das Steinbühler Schlösschen wurde schließlich bei den Bombenangriffen Anfang 1945 zerstört.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 516, 862, 933.

StadtAN E 10/21 Nr. 112.

Gelegenhait, Nr. 753, 1879 f.

Müllner I, S. 337.

Literatur


Amburger, Hannah: Die Familiengeschichte der Koeler. In: MVGN  30 (1931), S. 285, 288.

Beer, Helmut: Südstadtgeschichte (= Ausstellungskataloge des Stadtarchivs Nürnberg Nr. 15). Nürnberg 2004, S. 47-49.

Fleischmann, Ernst: 100 Jahre Vorstadtverein Nürnberg-Süd 1881–1981. Nürnberg 1981, S. 12 f, mit Fotografie kurz vor der Zerstörung.

Fleischmann, Peter: Der Nürnberger Zeichner, Baumeister und Kartograph Hans Bien (1591–1632) (= Ausstellungskataloge der Staatlichen Archive Bayerns Nr. 30). München 1991, S. 156-158.

Rusam, Dorfkerne, S. 64-72, 80.

Ruthrof, Renaissance, S. 20-22, mit anonymer Darstellung des 18. Jahrhunderts.

Schnabel, Werner Wilhelm: Ein ruhig Schäferhüttlein an der Pegnitz? Zu den Lebensumständen der Catharina Regina von Greiffenberg in Nürnberg 1680–1694. In: JffL 53 (1992), S. 166 f.

Schwemmer, Wilhelm: Die ehemalige Herrschaft Breitenstein-Königstein (= Schriftenreihe der ANL Bd. 13). Nürnberg 1965, S. 59, 70-72.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 1038.

Voit, Pegnitz, S. 42 ff.


Abbildung

Ansicht der nördlichen Traufseite mit kurz zuvor freigelegtem Fachwerk, Fotografie F. A. Nagel Oktober 1942 (StadtMN)

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