Sündersbühl I
- Abgegangener Herrensitz, „Nützelschlösschen“ (1943/45 zerstört)
- Rothenburger Straße 119
- Stadt Nürnberg
Das Lehngut Sündersbühl, das zu einem Drittel vom Hochstift und zu zwei Dritteln von der Dompropstei Bamberg verliehen wurde, soll nach den Annalen des Johannes Müllner durch eine Heirat von den Staudigl an die Nützel gekommen sein. Das könnte sich auf Konrad Nützel beziehen, der angeblich 1340 starb und eine Staudigl zur Frau hatte. Im Zuge des Ersten Markgrafenkrieges wurde das Vorfeld der Stadt durch eine „Verschrankung“ gesichert, die bei Sündersbühl bis an den Zaun reichte, „do des Nuczels haus stunde“. Dennoch wurde zumindest das Dorf am 10. Juli 1449 von den markgräflichen Truppen abgebrannt. 1487 musste sich Gabriel Nützel gegenüber der Stadt verpflichten, seinen mit Graben, Zäunen und Mauern umfangenen Sitz nur an Nürnberger Bürger zu verkaufen, was 1516 seine Söhne Caspar und Gabriel und 1519 ihr Vetter Hans Nützel wiederholten.
Hans Nützel hatte bereits 1516 um Bauholz für den Ausbau des Hauses gebeten. 1526 beklagte sich der Markgraf, der neue, eingezäunte Sitz des Hans Nützel habe einen gut dreieinhalb Meter hohen Fuß von Quadersteinen und einen Umfang von 40 auf 30 Schuh (etwa 12 auf 9 Meter). Die Witwe des Hans Nützel erklärte dazu, ihr Mann habe lediglich das alte Haus abreißen und durch ein bürgerliches Wohnhaus mit Steinsockel und Fachwerkobergeschoss ersetzen lassen.
In den folgenden Jahrhunderten blieb der Sitz in der Hand des Nürnberger Geschlechts, das sich bis zu seinem Erlöschen im 18. Jahrhundert Nützel von Sündersbühl nannte. Allerdings musste es im Zweiten Markgrafenkrieg am 12. Mai 1552 erleben, wie der Stammsitz in Flammen aufging. Er dürfte bald wieder aufgebaut worden sein, zunächst wohl in der alten Form, d.h. mit einem Fachwerkobergeschoss auf einem massiven Sockel. Im späten 16. Jahrhundert erfuhr er dann wahrscheinlich eine Erneuerung, denn auf der Ansicht im so genannten Cnopfschen Skizzenbuch um 1614 präsentierte sich das Herrenhaus als dreigeschossiger, vermutlich massiver Satteldachbau.
Zwei Jahrzehnte später soll es im 30-jährigen Krieg 1632 oder 1634 abermals zu Grunde gegangen sein: Während Waldamtsakten auf Tillysche Völker weisen, die im September 1632 Schweinau und St. Leonhard „in die Aschen gelegt“ hatten, erinnert eine andere Quelle an einen Einfall von Kroaten im Jahr 1634. Am 8. September hatten sie Fürth angezündet und in der folgenden Nacht „Sindersbühl ganz bis aufs Schloß und 2 Häuslein abgebrannt“. Danach scheint der Nützelsche Herrensitz verschont geblieben zu sein. Nach anderen Quellen lag er dagegen bis nach 1680 öd und wurde erst in den 1680-er Jahren wieder hergestellt, wobei man dann aber zumindest die massiven Teile weiterverwendete.
1711/12 hatten die Nützel das Schloss offenbar weitgehend verpachtet. Genannt werden das Herrenhaus, das neue Gebäude mit vier Zinswohnungen, wovon sich die Nützel lediglich eine als „Scherbenstube für die Pomeranzenbäume“ vorbehielten, der Stadel, die Gärtnerswohnung, das Weberhäuslein, der Schlossgarten und der große Garten. Außerdem waren noch ein Dutzend Höfe und Güter im Dorf an Bauern als Erbzinslehen vergeben und z.T. ebenfalls mit Mietern dicht belegt.
Mit dem Tod Johann Joachim Nützels von Sündersbühl am 10. Mai 1747 erlosch das alte Nürnberger Geschlecht, das seit 1272 nachweisbar ist, im Mannesstamm. Als Mannlehen fiel der Herrensitz mit seinen Rechten, zu denen auch die die Vogtei und die niedere Gerichtsbarkeit über die zugehörigen Untertanen zählten, an die Lehnsherren heim. 1766 überließen sie das Herrenhaus (gemeint ist vermutlich das „neue Gebäude“) mit einem Nebenhaus und dem so genannten Küchengarten einem gewissen Hornung [vgl. Sündersbühl II]. Mit den Nützelschen Erben kam es dagegen zu langwierigen Prozessen. Erst 1774 verkauften das Hochstift und die Dompropstei Bamberg den gesamten Lehnkomplex mit Vogtei, Dorf- und Gemeindeherrschaft, Nachsteuer und Umgeld als Mannlehen für 25.000 Gulden an Johann Sigmund Haller von Hallerstein. Die Reichsstadt soll 4.000 Gulden zum Kaufpreis zugeschossen haben, damit die Grundherrschaft wieder in Nürnberger Hände kommen konnte; zudem wurde ihr von den Lehnherren ausdrücklich die Steuer- und Wehrhoheit über die Untertanen zugesprochen. Dennoch mussten zur Finanzierung erhebliche Kredite aufgenommen werden.
Dokumente aus der Registratur der Bamberger Dompropstei von 1766 und 1773/79 sowie die Ansichten von Boener und Delsenbach aus dem frühen 18. Jahrhundert überliefern einige Hinweise auf den Baubestand. Das Herrenhaus war ein dreigeschossiger, „von Quater Steinen“ errichteter Satteldachbau. Im Erdgeschoss befanden sich ein Fletz, ein Bierkeller, ein weiteres „Gewölb“ und eine Brennholzlege. 1766 ist auch von einem kleinen Stall die Rede. Im ersten Obergeschoss waren zwei Stuben; ihnen waren jeweils eine Kammer und ein kleines Küchlein zugeordnet. Darüber im zweiten Obergeschoss waren ein Saal, eine Stube und eine Kammer untergebracht. Unter dem Dach fand man ein „Verschlägle“ und den Getreideboden. Das Herrenhaus war noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts von einem Wassergraben oder „Weyher“ umgeben, der von einer 1779 erneuerten hölzernen Brücke überspannt wurde. Zusätzlich wurde der Sitz einschließlich des „Rupprechtschlösschens“ und des großen Gartens von einer Mauer eingefriedet.
Auch die Freiherren Haller von Hallerstein nutzten das Schloss kaum; zumindest von 1792 bis 1805 war es vermietet. Daher verkauften sie das infolge der hohen Kapitalbelastung wenig rentable Objekt am 7. September 1814 für 2.050 Gulden an Simon und Margarethe Baier. 1834 übernahm Christian Alexander Baier das Schlösschen von seiner verwitweten Mutter. Die Grundherrschaft dagegen war nach der Ablösung der bambergischen Lehnsherrschaft im Jahr 1818 mit dem Verkauf des Gutes Sündersbühl 1823 an den Marktadjunkten und Kaufmann Karl Benedikt von Schwarz gelangt, der schon einige andere Hallersche Liegenschaften erworben hatte [vgl. Artelshofen, Henfenfeld, Prackenfels]; 1834 wurde sie von Rosa Alice Weiß, geborene von Schwarz, ausgeübt. 1862 erwarben der Gastwirt Johann Schutzmarlin und seine Ehefrau das Baiersche Anwesen, das seit der Reformgesetzgebung von 1848 freies Eigentum war. Das Ehepaar verkaufte es aber schon 1867 an Franz Freiherrn von Ziegler und dieser 1873 weiter an die Stadt Nürnberg, die seinerzeit bereits den Neubau des großen städtischen Schlachthofs auf dem Gelände plante. Das Herrenhaus wurde nicht abgebrochen, sondern zunächst ab 1880 als Armenhaus und später für Zwecke des 1891 eröffneten Schlachthofs genutzt, in dessen Bebauung es integriert war. Nur das Hallerwappen über dem Eingang erinnerte noch an den „Glanz verschwundener alt-reichsstädtischer Patrizierherrlichkeit“. 1943/45 wurde das Schlösschen bei einem Luftangriff völlig zerstört. Etwas weiter südlich wurde 1959 die Berufsschule für Metzger errichtet.
Quellen
StABa B 81 Nr. 881, 1001, 1002, 1003.
StAN Rst. Nbg., D-Laden Urk. Nr. 456. Rst. Nbg., Handschriften Nr. 323. Rst. Nbg., Rechnungen der markgräflichen Krieges Nr. 95, 96. Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 512, 1315. Kataster Sündersbühl Nr. 1, 4, 8, 11.
StadtAN E 10/21 Nr. 113.
HallerA Besitz Sigmundsche Linie, Bestand Sündersbühl.
Bayerisches Hauptstaatsarchiv Reichskammergericht Bd. 4 (= Bayer. Archivinventare Bd. 50/4). München 1998, Nr. 1600.
Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. II. Leipzig 1864, S. 150, 272.
Gelegenhait, Nr. 773, 1889.
Müllner I, S. 338 f.
Literatur
Großner, Rudolf / Haller, Bertold Frhr. von: „Zu kurzem Bericht umb der Nachkommen willen“. In: Erlanger Bausteine zur fränkischen Heimatforschung 40 (1992), S. 25, 43.
HAB Nürnberg-Fürth, S. 176.
Pfeiffer, Gerhard: Die Offenhäuser der Reichsstadt Nürnberg. In: JffL 14 (1954), S. 166 f, 169, 171, 174.
Rusam, Dorfkerne, S. 191-217.
Ruthrof, Renaissance, S. 80 f.
Stadtlexikon Nürnberg, S. 1059, mit Kupferstich von J. A. Delsenbach 1716.
Abbildung
Ansicht des bereits ins Schlachthofgelände integrierten Herrenhauses, Fotografie: G. v. Volckamer um 1894 (StadtMN)
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