Veilhof

  • Abgegangener Herrensitz, „Oberveilhof“ (vermutlich vor 1840 zerstört)
  • Veilhofstraße 24-28
  • Stadt Nürnberg


Der zwischen dem Bretzengarten und der Pegnitz gelegene Veilhof gelangte in der Mitte des 15. Jahrhunderts von Wilhelm Rummel an Herdegen Tucher, der dort seit etwa 1460 eine Saigerhütte zur Gewinnung von Silber aus Kupfererzen betrieb. Wegen des enorm hohen Holzverbrauchs musste sie wie alle anderen im Nürnberger Gebiet ihren Betrieb 1469 einstellen. Herdegens Enkelin Helena Tucher brachte den Veilhof durch ihre Heirat 1513 ihrem Mann Christoph Kreß zu. Bereits 1517 erscheint er jedoch in anderen Händen, denn in diesem Jahr musste sich Anton Rosenthaler verpflichten, den Veilhof im Kriegsfall dem Nürnberger Rat zur Verfügung zu stellen; inzwischen war hier also ein Sitz mit einem gewissen militärischen Wert entstanden. Dagegen wurde im Bericht zur Erkundung der Landschaft, die der Rat vor Ausbruch des Landshuter Erbfolgekrieges 1504 in Auftrag gegeben hatte, noch nichts dergleichen erwähnt.

Nach der Zerstörung des „burgerssytzles“ und der etwas hangabwärts an der Pegnitz gelegenen, 1507 errichteten Pulvermühle im Zweiten Markgrafenkrieg am 18. Mai 1552 wurde vermutlich bald wieder ein Neubau errichtet, der auf dem Nürnberger Rundprospekt von 1577/81 dargestellt ist. Als Besitzer des (Ober-)Veilhofs ist erst wieder Sigmund Herel bekannt, der 1614 Dorothea Rosina Kreß heiratete und 1618 starb. Seine Witwe brachte den Veilhof 1621 ihrem zweiten Mann Wilhelm Imhoff zu. 1630 fertigte der bekannte „Ingenieur“ und Zeichner Hans Bien eine detaillierte Ansicht des zweigeschossigen Fachwerkbaus samt Treppenturm an der Südostecke und südlichen Anbauten. Dieser Zustand wird auch durch einen Kupferstich in Meisners „Schatzkästlein“ von 1631/78 überliefert, der außerdem das etwas weiter östlich gelegene Bauerngut Unterveilhof zeigt.

Nach dem Tod der Dorothea Rosina Imhoff im Jahr 1632 wurde der Sitz für den Sohn Wilhelm Imhoff (1622–1690) zunächst durch zwei Vormünder, den Nürnberger Ratskonsulenten Dr. Tobias Oelhafen und Hanns Wilhelm Kreß von Kressenstein, verwaltetet, die 1634/35 ein Nebengebäude erneuern ließen. Der Herrensitz, der sich in der Nachbarschaft der Henzschen Pulvermühle (nicht zu verwechseln mit derjenigen in Wöhrd) befand, fiel nach Wilhelms Tod an dessen Sohn, den Waldamtmann Lazarus Imhoff (gest. 1732). Dessen Witwe musste erleben, wie 1739 das Nebenhaus abbrannte.

Ein Kupferstich von Johann Ulrich Kraus nach einer Vorlage von Johann Andreas Graff zeigt den Oberveilhof 1688 von der Westseite als repräsentatives zweigeschossiges Satteldachgebäude, wobei hier offensichtlich verputzte Fassaden dargestellt werden. Eine Federzeichnung um 1698 überliefert dagegen die Ansicht der Süd- und Ostseite sowie des Treppenturms noch mit Sichtfachwerk, das auch die nachträglich aufgesetzten Eckerker deutlich erkennen lässt.

Im späten 18. Jahrhundert befand sich der Oberveilhof im Besitz des Jakob Christoph Joachim Imhoff (1754–1820), der jedoch 1802 Konkurs machte. Nach Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Behörden der Reichsstadt und des Königreichs Preußen, das seinerzeit das Nürnberger Umland bis an die Stadttore besetzt hatte, gelangte der Gutskomplex Ober- und Unterveilhof einschließlich der vormaligen Pulvermühle 1805 an die Brüder Dr. Martin Wilhelm und Johann Philipp von Neu. Letzterer übernahm das Herrenhaus und wohnte seit 1810 auch dort, verkaufte den gesamten Gutskomplex aber 1839 wieder. Vermutlich existierte das Herrenhaus zu dieser Zeit schon nicht mehr, da es bei einem bisher nicht näher datierten Brandun-glück im frühen 19. Jahrhundert untergegangen sein soll.

Der frühere Leiter der Zeltnerschen Ultramarinfabrik Thomas Leykauf gründete mit einem Kompagnon auf dem Veilhof-Gelände 1841 eine Fabrik für Türkisch-Rot, die jedoch bereits 1854 ihren Betrieb einstellte. 1863 erwarb die 1824 von Karl von Raumer gegründete private Erziehungsanstalt für arme und verwahrloste Kinder, die bereits seit 1849 im so genannten Gürschingschen Garten untergebracht war, den Herrensitz und richtete in einem ehemaligen Manufakturgebäude das „Rettungshaus Veilhof“ ein.

Nachdem dieses Bauwerk zu klein geworden war und den hygienischen Anforderungen nicht mehr entsprach, wurde es abgebrochen und 1902 durch einen Neubau ersetzt, der nach der Verlegung der Erziehungsanstalt nach Hilpoltstein 1922 von der evangelisch-lutherischen Landeskirche erworben und für ihr Predigerseminar genutzt wurde. Im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, wurde er 1948/52 verändert wiederhergestellt. Auf dem zugehörigen Gelände ist seit 1955 außerdem das Landeskirchliche Archiv untergebracht.

Quellen


StAN Rst.Nbg., Handschriften Nr. 323. Rst. Nbg., Waldamt ­Sebaldi I Nr. 369.

Gelegenhait, Nr. 747, 1953 f.

Müllner I, S. 326; II, S. 542; III, S. 394.

Literatur


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Deliciae II, S. 71.

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Hirschmann, Gerhard: Zwischen Frankreich, Preußen und Bayern. Die Lebensschicksale der Brüder von Neu in Nürnberg an der Wende des 18. zum 19. Jahrhundert. In: MVGN 64 (1977), S. 250-252, 284, 288.

Honold, Matthias: Der unbekannte Riese. Geschichte der Diakonie in Bayern. Augsburg 2004, S. 16 f.

Nürnberger Rettungshaus für arme und verwahrloste Kinder (Hg.): Bericht der Nürnberger Erziehungs-Anstalt für arme und verwahrloste Kinder im Rettungshause Veilhof 1 (1850/51).

Ruthrof, Renaissance, S. 91.

Schneider (Hausvater): Die Erziehungsanstalt und das Rettungshaus Veilhof. In: Evangelisches Gemeindeblatt für die Dekanatsbezirke Nürnberg und Fürth 9 (1902) Nr. 45, S. 529-531; Nr. 46, S. 541-544; Nr. 47, S. 554-556, S. 542 mit einer Ansicht des Manufaktur- und ersten Heimgebäudes.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 254, 840, 1129 f, mit Kupferstich nach Zeichnung von J. A. Graff 1694.

Weigelt, Horst: Karl von Raumer 1783–1865. In: Helfen im Namen Gottes. Lebensbilder aus der Geschichte der bayerischen Diakonie. München 1986, S. 18-21.

Westermann, Ekkehard: Das Eislebener Garkupfer und seine Bedeutung für den europäischen Kupfermarkt 1460–1560. KölnWien 1971, S. 181-184.



Abbildung

Ansicht des Herrensitzes aus der Vogelschau auf einem Messoperat, gezeichnet 1630 von Hans Bien (StAN)

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