Zerzabelshof

  • Herrensitz
  • Aussiger Platz 1 und 6
  • Stadt Nürnberg


Der Name Zerzabelshof scheint erstmals in einem Verzeichnis der Erbförster im Lorenzer Reichswald von 1309/10 auf, das auch Götz und Leupold „de Sternzagelshoue“ nennt. 1344 belehnte Kaiser Ludwig den Conrad Waldstromer unter anderem mit der Forsthube „Zernzagelshoff“, die er von seinem Vater geerbt hatte. Vorübergehend scheint sie an die Pfinzing gekommen zu sein, denn 1370 verkaufte Bertold Pfinzing die Forsthube nebst Zubehör an Hans Waldstromer. Im Jahre 1396 erwarb die Stadt Nürnberg von den Erben Konrad Waldstromers mit dem Forstmeisteramt des Lorenzer Reichswaldes offenbar auch Zerzabelshof.

1442 war die Forsthube anscheinend der Frau oder Witwe eines Rudolf Steiner vererbt, die das Lehn-gut 1447 an Heinrich Vornberger veräußerte. Dessen Erben traten die Forsthube 1453 an Hermann Schaller ab. Ihm folgten ein Sebald und 1486 Georg Schaller. Nach dessen Tod stießen die Testamentsvollstrecker das Erbe 1491 an den Nürnberger Bürger Hans Schütz ab [vgl. Rothenbruck]. Er soll um 1500 in Zerzabelshof unerlaubt eine Kapelle erbaut haben, was auf den Widerstand der Reichsstadt stieß, da sie für ihre Bürger „Schaden und Unannehmlichkeiten“ fürchtete. Nachdem Schütz entgegen seiner der Stadt gegebenen Zusage die Kapelle der hl. Anna zu Ehren weihen ließ, wandte sich der Rat an Papst Alexander VI., auf dessen Anordnung (1501) die Vorgänge untersucht und die Kapelle gegebenenfalls wieder eingerissen werden sollte. Diese blieb aber erhalten und wurde erst im Zweiten Markgrafenkrieg 1552 zerstört.

Es ist bislang nicht geklärt, seit wann neben der Forsthube auch ein Herrenhaus existierte. Die Nachricht, wonach bereits die Waldstromer 1365 ihren Sitz der Reichsstadt geöffnet, d.h. für den Kriegsfall zur Verfügung gestellt hätten, erscheint mehr als zweifelhaft. Erst die Beschreibung der Nürnberger Landschaft, die im Vorfeld des Landshuter Erbfolgekriegs 1504 erstellt wurde, nennt eindeutig einen „Sitz“ in Zerzabelshof. Er war anscheinend ausreichend befestigt, denn 1504 ließ ihn die Reichsstadt mit drei oder vier Hakenbüchsen-schützen besetzen. Von Schäden lesen wir seinerzeit nichts.

Im September 1506 verstarb Hans Schütz. Seine Witwe vererbte die Forsthube mit dem Sitz den Töchtern Ursula und Cordula, die mit Sebald Staiber bzw. Michael Roth verheiratet waren und 1517 den Sitz der Reichsstadt öffneten. 1521 erwarb Cordula auch die Staibersche Hälfte, verheiratete sich, mittlerweile verwitwet, vor 1536 mit Hans Winkler und starb 1545.

Im Zweiten Markgrafenkrieg wurde der Herrensitz 1552 ebenso wie 30 weitere Zerzabelshofer Gebäude niedergebrannt, wodurch allein der Familie Winkler ein Schaden von 2.000 Gulden entstand. Vermutlich gehörte er damals bereits einer Erbengemeinschaft von drei Töchtern, denn ein Jahr nach der Zerstörung wurde er von ihnen an Hans und Barbara Orting verkauft. In einer Beschreibung von 1555 wird die Forsthube noch immer als „oede hofstatt, darauf das herrenhaus gestanden“, bezeichnet. Ferner verfügte sie über ein vermutlich schon wiederaufgebautes Wohn- und Bauernhaus, einen Stadel mit angebauter Schupfe, ein kleines Hofhäuslein, einen Backofen, das ruinierte Bad sowie Plätze, wo eine ganze Reihe von Gebäuden bei der Katastrophe völlig abgegangen waren, darunter die Kapelle, die Stallung und das Voglerhaus.

Das Ehepaar Orting blieb nicht lange Besitzer, sondern veräußerte für 2.600 Gulden bereits 1563 an Thomas Löffelholz (1525–1575) und dessen Gemahlin Apollonia. Der in der Literatur behauptete Wiederaufbau erst durch den Käufer ließ sich nicht bestätigen, zumindest ein Flügel des Herrenhauses dürfte schon unter der Familie Orting wiedererstanden sein. Wolff Löffelholz gab im Frühjahr 1600 dem Waldamt Lorenzi zur Auskunft, sein Vater habe den Sitz, wie er „auf die alte noch stehende brandstitzen erbauet“, um 1562 „an sich gebracht“. Eine erste Baumaßnahme des Thomas Löffelholz lässt sich für 1566 nachweisen, als er eine von zwei Herdstätten im Sitz abzog und auf ein neues „heußlein“, das wohl als Sommerhaus im so genannten Biengarten gebaut werden sollte, übertrug.

Nach dem Tod des Schlossherrn 1575 und einer vormundschaftlichen Verwaltung übernahm dessen Sohn Wolff (1563–1617) das Gut. Er leitete 1600 einen größeren Umbau des Herrensitzes ein. Das im Obergeschoss aus Fachwerk bestehende Herrenhaus war bereits vor 1600 mit einigen Schäden behaftet und bot zu wenig Wohnraum, zumal das Erdgeschoss nur Wirtschaftsräume enthielt. Angeblich standen der Herrschaft nur eine Stube, ein Schreibstüblein und zwei Kammern zur Verfügung, sodass Wolff Löffelholz eine Erweiterung des Hauptgebäudes beantragte. Außerdem sollten der Stadel erneuert sowie eine Remise für Fischereigerät zu einem Gärtnerhaus umgewandelt werden. Nachdem das Waldamt am 1. März 1600 das angeforderte Bauholz bewilligt hatte, ist von der Ausführung des Vorhabens auszugehen.

In doppelter Ausfertigung erhaltene Zeichnungen überliefern das Erscheinungsbild des Herrensitzes vor und nach dieser Baumaßnahme. Im Zentrum des Sitzes standen zwei Flügel: Etwa in Ost-West-Richtung ein zweigeschossiges Gebäude, vermutlich das 1555 genannte Wohn- und Bauernhaus (Südflügel), mit Fachwerkobergeschoss und westlichem Giebelerker. In den östlichen Achsen war sodann im rechten Winkel das damals sehr bescheidene Herrenhaus angefügt, wobei dessen Dachwerk als Zwerchhaus bis an die südliche Traufe des Südflügels eingebunden war. Das ebenfalls zweigeschossige Gebäude besaß nur die im Bauantrag genannten, über einen offenen Laubengang erschlossenen Räume. Auf dem Dachreiter aus Fachwerk war eine Sonnenuhr aufgemalt. Im Erdgeschoss führte eine offene Durchfahrt in den Garten, dessen Fläche heute u.a. von der Kachletstraße überbaut ist. Ein Bretterzaun auf gemauertem Sockel im Westen und ein Ökonomiegebäude wohl mit Wagenremise im Norden schlossen den innern Hof.

Um diesen waren der äußere Hof und die Gärten gruppiert. Die Gärten östlich und südlich des Sitzes wurden von einer – auf der Zeichnung halbkreisförmig verlaufenden – Mauer mit Schwalbenschwanzzinnen eingefriedet. Den L-förmigen äußeren Hof begrenzte im Westen eine massive Front, bestehend aus einem großen Stadel (später mit Voitwohnung) und in Verlängerung wohl die 1555 genannte niedrige Schupfen, die an der Südwestecke mit einem rechteckigen Turm mit Zeltdach endete. Ganz im Osten stand die Remise für das Fischzeug, die dem Gärtnerhaus weichen sollte. Im Norden wurde der Hof durch eine offenbar weitgehend hölzerne Einfriedung und das Torgebäude aus Fachwerk geschlossen.

Der Bauantrag sah nun vor, das Herrenhaus nach Abbruch eines kleinen Anbaus bis an das Ökonomiegebäude zu verlängern, sodass der innere Hof U-förmig mit einer einheitlichen Firstlinie geschlossen werden konnte. Im Westen sollte der Hof mit einer Quadermauer mit Schwalbenschwanzzinnen eingefriedet werden. Die vierachsige Verlängerung des Herrenhauses sah offenbar nur im Ober- und ersten Dachgeschoss weitere Wohnräume vor, wofür zwei Zwerchhäuser im Dachwerk integriert wurden. Das Erdgeschoss zeigt dagegen ein größeres Tor und keine Fenster, was eine landwirtschaftliche Nutzung annehmen lässt. Auch der Südflügel war vom Umbau betroffen, da die Zeichnung einen weiteren Giebelerker erkennen lässt.

Nach dem Tod des Wolf Löffelholz fiel die Forsthube mit dem Herrensitz 1617 an seine einzige Tochter Maria, die sich mit Johann Friedrich aus einer anderen Linie der Geschlechts vermählt hatte. Nachdem Maria bereits im ersten Kindbett verstorben war, vermählte sich ihr Witwer noch zweimal mit Töchtern aus den Familien Holzschuher und Kleewein. Nach seinem Tod teilten sich 1640 die Halbbrüder Johann Friedrich II. und Johann Joachim den Besitz. 1664 konnte Johann Friedrich II. nach dem Tod seines Halbbruders den Sitz für wenige Jahre in seiner Hand vereinigen, übertrug ihn aber zum gemeinschaftlichen Besitz an seine Söhne Johann Friedrich III. und Hans Carl I. (1644–1714). Nach dem Tod des Johann Friedrich III. im Jahre 1704 kam seine Hälfte an den Bruder, der bis zu seinem Tod im März des Jahres 1714 allein über das Gut verfügte.

Im August 1718 beantragten die Nachfolger, Hans Carl II. (1673–1756) und Hans Friedrich IV. (1682–1759), einen Umbau des Herrenhauses. Sie gaben an, nur über eine Küche im Erdgeschoss ihres gemeinschaftlich genutzten Schlosses zu verfügen, was gelegentlich zu großen Unbequemlichkeiten führe. Daher wollte man im so genannten kleinen Saal des Obergeschosses eine zweite Küche einrichten, wozu ein weiteres Feuerrecht benötigt wurde. 1736 renovierten und bauten die beiden Brüder das neue Voithaus um.

1759 erbte der Sohn Johann Friedrichs IV., Christoph Friedrich Löffelholz (1718–1800), der mit Helena Maria geborene Volckamer von Kirchensittenbach verheiratet war. Unter seinem Enkel Georg Wilhelm Friedrich Frhr. von Löffelholz (1775–1818) wurde im frühen 19. Jahrhundert noch unverändert die Schlossökonomie betrieben, die über fast 50 Tagwerk Nutzflächen verfügte. 1837 verkaufte die Witwe das Schloss um 16.000 Gulden an den Müllermeister Johann Christoph Schlee, der es 1853 an den Seifenfabrikanten Johann Kraußer und seine Frau Barbara Philippina weiter veräußerte. Das Schloss kaufte 1861 der königliche Forstmeister Carl Freiherr von Mettingh, der 1862 den Südflügel großzügig umbauen und seine Fassaden im Tudorstil neu gestalten ließ. 1871 übernahm sein Sohn Fritz Freiherr von Mettingh (1826–1891), ein Jurist, das Gut. Für den ehemaligen Herrensitz der Löffelholz hatte sich inzwischen der Name Mettingh-Schloss eingebürgert. Die Zerschlagung des herrschaftlichen Anwesens mit seinen landwirtschaftlichen Grundstücken ereignete sich erst, nachdem es am 8. Oktober 1906 an Leonhard Haas verkauft worden war, der 1912 große Teile der Flächen für die Anlage des Sportparks des 1. FCN veräußerte.

Das Ende des Herrensitzes kam am 3. Oktober 1944, als er bei einem Fliegerangriff von Bomben getroffen wurde. Der Ostflügel mit dem Dachreiter wurde völlig zerstört, der 1862 umgebaute Südflügel stark beschädigt. Bei seiner Instandsetzung 1955 erhielt er ein Walmdach und wurde vermutlich unter weiterer Beseitigung historischer Substanz repariert. An der Stelle des Ostflügels entstand ein Kino, das mittlerweile zu einem Supermarkt umgestaltet wurde. Diese Veränderungen und die schon im frühen 20. Jahrhundert vorgenommenen Straßenbaumaßnahmen haben die historisch gewachsene Situation völlig zerstört, sodass die einstige Schlossanlage trotz überkommener Bauteile heute nicht mehr erkennbar ist.

Quellen


StAN Rst. Nbg., D-Akten Nr. 4915, Prod. 64. Rst. Nbg., Amts- und Standbücher Nr. 117, fol. 73 r. Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 540.

StadtAN E 10/21 Nr. 125.

StBBa J.H. Msc. 58, fol. 32.

Gelegenhait, Nr. 688.

Müllner I, S. 361; III, S. 196, 277.

Literatur


KDM Stadt Nürnberg, S. 489 f.

Klier, Richard: Zur Genealogie der Bergunternehmerfamilie Schütz in Nürnberg und Mitteldeutschland im 15. und 16. Jahrhundert. In: MVGN 55 (1967/68), S. 191.

Kraus, Josef: Die Stadt Nürnberg in ihren Beziehungen zur Römischen Kurie während des Mittelalters. In: MVGN 41 (1950), S. 52 mit Anm. 442.

Liebel, Hans: Zerzabelshof. Die Geschichte eines Stadtteils. Nürnberg 1993.

Rusam, Dorfkerne, S. 218-226.

Ders.: Zerzabelshof. Von der alten Forsthube im Lorenzer Reichswald zur modernen Vorstadt Nürnbergs (= Sonderdruck aus VVZ-Nachrichten. Mitteilungsblatt des Vorstadtvereins Zabo e.V. Nürnberg, Oktober/November 1985).

Ruthrof, Renaissance, S. 76 f, 94.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 1210 f.


Abbildung

Darstellung des Herrensitzes mit dem geplanten Neubau für die Baueingabe von 1600 an das Waldamt Lorenzi (StAN)

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